30.10.2014

jean-dominique bauby: schmetterling und taucherglocke

im alter von 43 jahren erlitt der autor einen hirnschlag. er verlor die kontrolle über seinen gesamten körper, was ihm blieb war einzig ein intaktes denkvermögen und die möglichkeit mit einem auge zu zwinkern. locked-in-syndrom wird dieser zustand medizinisch treffend genannt.
beraubt aller anderer kommunikationsmöglichkeiten, diktiert er einzig mit dem zwinkern des auges dieses buch, in dem er sein leben beschreibt. die gute beobachtungsgabe und sein trotz allem nicht versiegender humor lässt ein werk entstehen, das in jeder form fasziniert. eine pflichtlektüre für alle, die im gesundheitswesen arbeiten, aber eigentlich auch für alle anderen. ich glaube, niemand kann diesen einzigartigen text ohne emotionen lesen, der streckenweise sehr unter die haut geht.

27.10.2014

jonathan franzen: korrekturen

beim lesen folgen wir einer familiengeschichte im mittleren westen der vereinigten staaten von amerika. alfred, der zunehmend dement wird, und enid sind bald fünfzig jahre verheiratet, die kinder sind erwachsen und haben sich aus der kleinstadt und damit von ihrem elternhaus verabschiedet. enid, die mutter hat den wunsch, an weihnachten noch einmal die ganze familie zuhause versammelt zu haben. und tatsächlich sind an weihnachten alle zuhause, aber es wird alles andere als feierlich und gemütlich.
ueber weite strecken spannend hat das buch auch längen, durch die ich mich kämpfen musste. unterhaltsam und interessant ist es, den einzelnen leben der kinder zu folgen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. die spannungsfelder und missverständnisse zwischen mutter und söhnen und tochter sind wirklichkeitsnah und treffend dargestellt und bilden den kern des dramas.

05.10.2014

gerard donovan: ein bitterkalter nachmittag

zwei männer auf einem feld im winter; der eine war der bäcker, der andere der lehrer im dorf. man kannte sich und lebte über jahre in frieden zusammen. nun ist krieg, die beiden stehen einander gegenüber, der eine wird gezwungen eine grube auszugraben, der andere beaufsichtigt ihn und für beide ist unausgesprochen klar wofür die grube ist. während des tages kommen sie ins gespräch und sprechen über alles, was war und was sie hier zusammenbringt, über gutes und böses, über werte des lebens, über leben und ueberleben. während des tages fahren aber auch lastwagen vor und bringen gefangene her, die hier warten müssen.
ein unheimliches buch, das mit starken szenen die situation in einem bürgerkrieg oder krieg beschreibt. mit der nähe zu den einzelnen personen verlässt diese unheilvolle geschichte die anonymität und zeigt persönliche schicksale, macht die kriegssituation individuell erlebbar. alles führt auf die zentrale frage hin, ob man um die eigenen haut zu retten, seine freunde verraten darf.
schwere kost, die nicht immer ganz einfach zu lesen ist. aber letztlich nimmt einen die geschichte gefangen und hinterlässt existenzielle fragen, die lange nachwirken.