23.02.2016

michael kumpfmüller: die herrlichkeit des lebens

etwa ein jahr vor dem tod lernt franz kafka dora diamant kennen. im ostseebad müritz kommen sie sich näher und beginnen eine beziehung, die zunächst vor allem aus briefwechseln besteht. kafka, bereits gezeichnet von seiner tuberkuloseerkrankung, zieht nach berlin und lebt mit dora zusammen, die ihm beisteht. sein krankheitsverlauf schwächt ihn zunehmend, ein sanatoriumsaufenthalt scheint angezeigt. dora folgt ihm nach kierling in oesterreich, wo er seine letzte zeit verbringt und stirbt.
diese wunderbar geschriebene geschichte über das letzte lebensjahr von franz kafka beschreibt auf eine stille, subtile art das leben und lieben des paares in der zeit der grossen inflation und wirtschaftskrise, das weniger von finanziellen sorgen geprägt ist, als von den ansprüchen des familiären umfeldes und der verschlechterung des gesundheitszustandes von kafka. traurig aber schön zum lesen.

13.02.2016

sebastian fitzek: das joshua profil

es ist, als erzähle der autor seine eigene geschichte. seine pflegetochter soll wieder zu ihren leiblichen eltern zurückgebracht werden, so teilt es ihm die sozialarbeiterin des jugendamtes mit. dahinter steht jedoch die ausgeklügelte anlage einer entführung. eine kriminelle bande ist am werk, die ein computerprogramm entwickelt hat, das profile von menschen errechnet, die potenziell straftaten begehen werden.
die komplexe und vielschichtige handlung erfordert einige aufmerksamkeit beim lesen, damit man nicht den ueberblick verliert. viel blutvergiessen, etliche morde, drohungen, brandanschläge und explosionen, verfolgungsjagden und kriminelles potenzial machten mir beim lesen bewusst, dass ich mit dieser art thriller-literatur eigentlich kaum vertraut bin.
da gibt es aber eine andere seite. die politische und gesellschaftspolitische auseinandersetzung mit einer unheimlichen art von big-data, die man nur ungern für möglich hält. der ich-erzähler recherchiert im internet zu einem seiner bücher und wird dadurch vermeintlich als potenzieller täter eruiert.
sehr hilfreich stehen im anhang  einige erklärungen zu begriffen, die zu kennen die geschichte auch für «nichtbetroffene» verständlich macht.

07.02.2016

ian mc evan: der tagträumer

peter, ein zehnjähriger junge, ist ein tagträumer. seine gedanken wandern, für die erwachsenen oft nicht erschliessbar, in fantasiewelten und immer wieder läuft das reale leben an ihm vorbei. er hat glück, hat verständnisvolle eltern und auch in der schule gibt es keine namhaften probleme. in den einzelnen kapiteln erfahren wir von seinen träumen und parallel dazu seine lebensrealität. er betrachtet die erwachsenen und kann sich nicht vorstellen, selbst einmal erwachsen zu sein.
ein schönes, leichtes, fantasievolles buch, eine art entwicklungsroman oder auch jugendbuch, das wahrscheinlich mit der deutschen uebersetzung etwas von seiner ursprünglichkeit verliert.