29.06.2017

roman graf: niedergang

andré und louise sind ein paar, das unterschiedlicher nicht sein könnte. ihre gemeinsame, lange vorbereitete bergwanderung beginnt schon unter ungünstigen vorzeichen. das wetter ist schlecht. andré lässt sich davon nicht beeindrucken, während louise bereits zögert. immer mehr entfernen sie sich voneinander, bis sie sich unterwegs trennen. während andré den gipfel um jeden preis erklimmen will, gibt louise vor dem ziel auf.
schon bald zu beginn ist man mit diesen kleinen streitereien, uneinigkeiten und missverständnissen konfrontiert, die exakt und meisterhaft beschrieben sind. schade, dass dies alles etwas einseitig ist: man erfährt viel über die gedankenwelt und das handeln des mannes, die frau bleibt oft in der objektrolle und kommt manchmal etwas schlecht weg, auch wenn sich ihr aufgeben zum schluss als richtig erweist.

27.06.2017

siegfried lenz: schweigeminute

von der liebesbeziehung zwischen christian und seiner lehrerin stella weiss niemand, einzig seine mutter scheint etwas zu ahnen. das versteckte glück dauert nur einen sommer: stella verunglückt und stirbt. während der trauerfeier erinnert sich christian an diese kurze zeit, die für ihn so wichtig war und sein leben verändert hat.
diese liebe – sie hat alles zu einem skandal – wird so rein und schön beschrieben, keinen moment kitschig und wenn auch traurig, so doch mit einem schönen und emotional stimmigen ende.

18.06.2017

per olov enquist: lewis reise

die geschichte zweier führer der schwedischen pfingstbewegung ist eine komplizierte und wechselvolle. lewi, der eigentliche begründer dieser freikirche, ist ein strenger und beinahe fundamentalistisch gläubiger mann. sven, der später dazu stösst, ist geistreicher, intellektueller und wesentlich liberaler. trotz dieses gegensatzes finden sich die beiden und befreunden sich eng. sie führen lange zeit zusammen die gemeinde, deren wachstum sie zu einem politisch und gesellschaftlich wichtigen faktor im land macht. doch irgendwann zerbricht ihre freundschaft. sven lehnt sich gegen die absolutheit von lewi auf.
ein roman, den zu lesen mir ziemlich viel konzentration abfordert. bis zum schluss bleibt es ein rätsel, was die beziehung der beiden männer wirklich ausmacht. aber der autor bringt uns das denken und die aus der heutigen sicht kaum noch zu verstehenden moralvorstellungen dieser menschen nahe. historisch wie psychologisch interessant, kann der roman die spannung aber nicht durchgehend halten.

04.06.2017

robert seethaler: die weiteren aussichten

die geschichte von herbert, dem etwas ungelenken, zu gross gewachsenen epileptiker, und der übergewichtigen, kräftigen hilde, beginnt dramatisch, verläuft hektisch und endet fulminant, mit einem ausgang der etwas hoffnung lässt. beide sind aussenseiter im dorf, finden aber ihre liebe und gehen trotz einiger unheilvollen begegnungen ihren weg.
ein schönes und liebevolles buch, das vor allem von seinen figuren lebt. die handlung ist manchmal etwas utopisch und unrealistisch, so dass man immer wieder mal staunen kann.