28.07.2012

lukas hartmann: räuberleben


würtemberg im 18. jahrhundert, räuberbanden verbreiten angst in der bevölkerung. auch hannikel, ein gefürchteter räuberhauptmann ist unterwegs mit seinen getreuen und seiner sippe, die zusammenhält und immer füreinander da ist. die not zwingt sie zu diebstahl und anderen gesetzlosigkeiten. der oberamtmann von sulz am neckar hat sich zum ziel gesetzt, diese gefürchteten individuen zu fangen und zu bestrafen. hannikel wird schliesslich in chur erwischt und eingesperrt, von einer würtembergischen delegation abgeholt und in sulz vor gericht gestellt. an hannikel und drei weiteren männern wird das todesurteil am galgen vollstreckt. während des prozesses kommt beim schreiber des oberamtmanns zunehmend mitleid mit dem halbwüchsigen sohn hannikels auf, was loyalitätsprobleme mit sich bringt.
ein faszinierender roman, der aus geschichtlichen tatsachen und erfundener handlung eine kompakte und in sich stimmende handlung ergibt. die vorkommenden figuren sind so treffend beschrieben und jede handelt auf ihre weise. ein bild der verschiedenen gesellschaftsschichten und deren abhängigkeiten. nichts ist zuviel, nichts fehlt in dieser spannenden und berührenden geschichte. während des lesens steht man automatisch auf der seite der schwachen.

13.07.2012

jessica durlacher: schriftsteller!


die mit einem erfolgreichen schriftsteller verheiratete autorin erlebt nach einem ersten erfolgreichen roman die schwierigkeit, ein neues buch in angriff zu nehmen. daneben unterrichtet sie junge leute an einem college im fach „kreatives schreiben“. die zusammensetzung der klasse und die daraus entstehende dynamik bringen sie an ihre grenzen. ueber einen mail-kontakt wird sie für ein interview in einer psychologiezeitschrift angefragt, das treffen findet aber – trotz eines extensiven mailverkehrs – nie statt und es stellt sich die frage, ob dies alles überhaupt real ist. und dann gibt es noch den erfolgreichen jungen autor, dessen rolle sich erst am ende der erzählung klar abzeichnet.
eine unterhaltsame erzählung mit vielen schauplätzen und etwas sehr komplexen handlungssträngen, die oft etwas konstruiert wirken. zwar ergibt alles einen sinn und es ist auch nicht so schwierig den ueberblick zu behalten, trotzdem bleibt ausser einem gefühl von offenen fragen wenig zurück. gut, dass die erzählung nicht allzu lang ist.

12.07.2012

milena michiko flašar: ich nannte ihn krawatte


zwei männer treffen sich regelmässig auf einer parkbank. der jüngere ist ein sogenannter hikikomori, ein jugendlicher, der dem leistungsdruck der arbeitswelt und der gesellschaft ausweicht, indem er sich monatelang in sein zimmer zurückzieht. der aeltere hat seine stelle verloren, will es seiner frau aber nicht sagen und verlässt täglich sein haus, als ginge er zur arbeit. beide aussenseiter beginnen sich aus ihrem leben zu erzählen und so unterschiedlich sie sind, kommen sie sich näher und scheinen wieder etwas fuss zu fassen. eines tages erscheint der aeltere nicht mehr. der jüngere sucht sein haus auf, trifft dort seine frau, die eigentlich schon lange spürte oder wusste, was mit ihrem mann los war und erfährt, dass er sich umgebracht hat. der jüngere findet zur freude seiner eltern zurück ins leben.
ein philosophisches buch mit tiefgang, das sehr schön und spannend zu lesen ist. die beiden lebensgeschichten stehen für vieles, was jeder und jede von uns immer wieder in ansätzen spürt oder erlebt. die in japan handelnde geschichte könnte genau so gut in europa oder nordamerika angelegt sein. den mit dem japanischen leben nicht so vertrauten lesenden ist das angefügte glossar eine umfassende hilfe.