29.05.2013

georg perec: anton voyls fortgang

ein roman, in dem über 350 seiten der buchstabe „e“ nicht einmal vorkommt. eine schier unmögliche sache und doch ist es gelungen und dies nicht nur in der französischen originalfassung sondern auch in der deutschen uebersetzung.
die geschichte des grausamen verschwindens einer ganzen sippe gibt viele rätsel auf. morde, systematische vernichtung von kindern, die die erbfolge stören könnten und andere schreckliche ereignisse bilden die handlung.
nicht einfach zu lesen, weil die sprache sich immer der regel den buchstaben „e“ zu vermeiden folgt. so wird es zu einem sehr ungewohnten leseerlebnis, vielleicht vergleichbar mit dem betrachten abstrakter malerei oder – noch eher – mit dem hören atonaler musik: alle sind nicht im ersten moment erschliessbar sondern brauchen zeit, damit vertraut zu werden. erst nach etwa fünfzig seiten begann sich bei mir ein leserhythmus einzustellen, der mir erlaubte, mich voll auf die handlung zu konzentrieren.

18.05.2013

urs hostettler: der rebell vom eggiwil

nicht immer ging es so friedlich und demokratisch zu, wie wir unser bild von der mehr als 700-jährigen schweiz gerne gezeichnet wissen. im jahr 1635 lehnten sich die bauern im emmental und im entlebuch über die konfessionsgrenzen hinweg gegen ihre herren in bern und luzern auf. der bauernaufstand war eine der grössten volkserhebungen in der schweizer geschichte.
das buch stellt die einzelnen protagonisten in den vordergrund, beschreibt ihre lebensumstände und zeigt damit ein anschauliches gesellschaftsbild jener zeit. der erfolg der harten arbeit der bauern wird nicht nur von naturgewalten geschmälert sondern auch durch die willkür der vögte, die mit ihren bussen und strafen rechtschaffene bürger in die armut treiben. dies bildet den nährboden berechtigter unzufriedenheit und führt zu diesem bauernaufstand. die regierenden städtischen patrizier schaffen es aber immer wieder – nicht zuletzt mit der unterstützung der anderen eidgenössischen stände die solidarität der talschaften zu stören und scheuen sich auch nicht, mit fremden söldnern gegen die eigenen untertanen vorzugehen.
letzlich scheitert der aufstand nach einigen monaten. drakonische strafen werden gegen die anführer verhängt. da wird gehenkt, gerädert, gevierteilt und geköpft. zur abschreckung werden die köpfe auf pfählen an öffentlichen plätzen aufgestellt und die gehenkten tagelang hängen gelassen. wer der todesstrafe entgeht, wird nach venedig auf die galeeren verkauft. eine dunkle zeit, die noch keine vierhundert jahre her ist.
beim lesen beginnt man parallelen zu sehen zwischen der damaligen und der heutigen zeit. die unterschiedliche verteilung von reichtum und macht stellt sich zwar heute etwas anders dar, ist aber immer wieder der anlass von konflikten, revolutionen und aufständen.