die
autorin, die als mitglied des mädchenorchesters das
konzentrationslager auschwitz überlebt hat, gibt in ihrem bericht
ein zeugnis dieser gefangenschaft. willkür und sinnlose
machtausübung, hierarchien unter den häftlingen,
instrumentalisierung durch begünstigung: all diese mechanismen des
systems schildert die autorin aus der eigenen optik und
betroffenheit. der ununterbrochen aufsteigende rauch aus den
krematorien macht nicht nur bewusst, wie wenig wert das leben ist,
sondern zeigt auch die bedrohung des jederzeit möglichen eigenen
endes. mit starken worten und sehr authentisch schreibt fania fénelon
nicht nur über die grausamkeiten der aufseherinnen und
lagerkommandanten, sondern vor allem auch über die unbeschreibliche
schwierigkeit, für sich selbst die menschlichen werte und die eigene
würde aufrecht zu erhalten.
31.08.2014
30.08.2014
kressmann taylor: adressat unbekannt
max
und martin betreiben gemeinsam eine galerie in san francisco. martin
geht in den frühen 1930er jahren zurück nach deutschland, während
max, der jude ist, die galerie weiterführt. ihnen fällt die
trennung schwer, sind sie doch ganz nahe freunde. schnell wir ihr von
freundschaft und vertrauen geprägter briefwechsel durch die
ereignisse getrübt und bald bittet martin um die einstellung dieser
korrespondenz, weil sie für ihn zum risiko wird.
so
wie martin durch sein handeln und seinen mangelnden mut die bedrohte
schwester seines freundes in den sicheren tod schickt, so beginnt max
mit dem versand von briefen an martin, deren inhalte nach
verschlüsselten botschaften aussehen und ihn kompromittieren. der
postvermerk „adressat unbekannt“ lässt ahnen, dass die
deportation ins konzentrationslager erfolgt ist.
der
briefwechsel der beiden führt uns in knapper form vor augen, wie die
politische entwicklung im deutschland der 1930er jahre überhaupt
möglich war. die anfängliche zurückhaltung martins den nazis
gegenüber verändert sich und führt bis zu unterstützender haltung
und verleugnung von bisherigen werten und beziehungen.
07.08.2014
pascal mercier: der klavierstimmer
während
einer opernvorstellung in der mailänder scala wird ein berühmter
tenor erschossen. der täter, ein berühmter klavierstimmer, ist
schnell verhaftet und kommt ins gefängnis. seine kinder reisen aus
paris und santiago de chile nach hause um zu verstehen, warum ihr
vater so weit gehen konnte. sie schreiben unabhängig von einander
auf, was sie sehen und erfahren. eine unheimliche geschichte über
den zerfall einer familie wird entrollt. viele überraschende momente
stehen bereit und das buch findet ein überraschendes ende.
diesen
spannenden und unglaublich vielschichtigen roman liest man beinahe
atemlos. all die rückblicke auf die geschichte der eltern und die
kindheit der jungen sind kraftvoll und trotzdem sensibel geschrieben.
missverständisse, abhängigkeiten, missbrauch, inzest und
schwangerschaftabbruch, alles themen, die eine reisserische
aufmachung haben könnten, werden hier so selbstverständlich in den
handlungsverlauf eingebettet, dass sie wirklich nur zum verständnis
dieses mordes dienen. ein einzigartig schönes und vollkommenes werk.
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