lukas bärfuss: hundert tage

die kurze begegnung mit agathe auf dem flughafen in brüssel lässt david nicht mehr in ruhe. unterwegs zu seinem entwicklungshilfeeinsatz in ruanda kann er die schöne afrikanerin nicht vergessen. der zufall will es, dass er sie nach längerer zeit unter nicht ganz einfachen umständen in kigali wieder trifft. sie, die tochter eines ministerialbeamten, und er beginnen eine leidenschaftliche beziehung, die nicht immer einfach ist. agathe möchte zurück nach brüssel, wo sie sich freier fühlt und ihr leben unabhängiger war. aber der beginnende bürgerkrieg ändert alles. sie erreicht ihren flug nach europa nicht, er versteckt sich, um der evakuation seiner entwicklungshilfedelegation zu entgehen und um agathe nahe zu sein. doch wegen der überall drohenden gefahr kann er sein haus nicht verlassen. milizen dringen eines nachts in seinen garten ein. abhängigkeit und umstände führen schliesslich dazu, dass er sich mit diesen feinden arrangiert. damit wird er zum komplizen dieser mörder. bald muss er das land fluchtartig verlassen. in einem lager trifft er wieder auf agathe, die nichts mehr gemeinsam hat mit der frau, die er damals liebte.

der roman handelt in den 1990er-jahren während des bürgerkriegs in ruanda. die eindringlich beschriebenen geschichtlichen tatsachen dieser schrecklichen ereignisse machen den roman zu einem einzigartigen werk, das aufzeigt, wie menschen, die in guter absicht eigentlich nur das gute wollen, letztlich zu komplizen von verbrechern und mördern werden können. diesen unheimlichen mechanismen ist dieses buch auf der spur und wird damit zu einem ganz wichtigen beitrag zum verstehen solcher schrecknisse.

henning mankell: die italienischen schuhe

dem ehemaligen chirurgen frederik welin ist bei der arbeit ein katastrophaler fehler unterlaufen, was ihn seinen beruf aufgeben liess. seither lebt er allein mit einem hund und einer katze auf einer schäreninsel. eines tages im winter steht auf dem eis draussen eine alte frau mit einem rollator. es ist harriet, die er in jungen jahren ohne abschied und vorankündigung verlassen hatte. sie verlangt von ihm, ein altes versprechen einzulösen, was seinem leben eine unerwartete wendung gibt und viele fragen aufwirft. er selbst muss sich und sein leben in frage stellen.

ein wunderbar philosophisches buch, dessen handlung tiefgründig und spannend ist, ein buch von henning mankell, das ausserhalb seiner wallander-krimis und seiner afrika-bücher für mich einen wichtigen platz in seinem werk einnimmt.

marco schwartz: kaplans psalm

kaplan lebt in einer kolumbianischen kleinstadt und gehört zu der dortigen übersichtlichen jüdischen gemeinde. er hadert etwas damit, dass seine kinder der religion oft nicht nach seinen vorstellungen nachleben. und da lebt ein deutscher in einem nachbardorf, von dem das gerücht umgeht, er sei ein alter nazi, der sich vor der verfolgung verstecke. gemeinsam mit wachtmeister contreras von der örtlichen polizei beginnt er nachforschungen. sein ziel ist es, sich mit der entführung des nazis nach israel den ruhm zu schaffen, der ihm bisher fehlt. die geschichte endet aber überraschend anders als vorgesehen.

wer noch nichts von der existenz jüdischer gemeinden in kolumbianischen kleinstädten wusste, weiss nach der lektüre dieses buches mehr als bescheid. eine zauberhafte, humorvolle und spannende geschichte über das leben in dieser speziellen diaspora, verknüpft mit einer fast krimiartigen geschichte, die einen immer wieder zum lachen bringt. ein genuss zu lesen, einfach köstlich.

helene hanff: 84, charing cross road

es fängt mit einem kleinen inserat eines londoner antiquariats in einer new yorker zeitung an. helene hanff, die autorin, ist auf der suche nach einigen alten büchern und meldet sich dort. aus den anfänglichen bestellungen entwickelt sich eine korrespondenz mit frank, dem mitarbeiter des antiquariats, die weit über das geschäftliche hinausgeht. so ist für helene unvorstellbar, dass in england nach dem zweiten weltkrieg nahrungsmittel rationiert sind. sie organisiert hilfspakete für die mitarbeitenden des antiquariates und erfährt viel privates. geschenke überqueren den atlantik und sie wird nach london eingeladen.

ein charmantes und liebevolles buch, das über beziehungen von menschen berichtet, die sich persönlich nie begegnet sind

peter stamm: agnes

der ich-erzähler und agnes treffen sich regelmässig in einer öffentlichen bibliothek. er ist fasziniert von ihr. sie kommen beim rauchen und kaffeetrinken ins gespräch, gehen mal gemeinsam essen und beginnen eine beziehung. sie wird schwanger, er will das kind nicht, sie will nicht abtreiben, sie trennen sich, sie verliert das kind und kehrt zurück.

parallel dazu schreibt er ihre beziehungsgeschichte: wie es sein und wie es sich weiterentwickeln könnte. zeitweise will sie die texte lesen, dann wiederum will sie nichts davon wissen. alles nicht ganz einfach.

der roman ist irgendwie schön zu lesen, wenngleich es manchmal schwierig ist, alle handlungsweisen nachzuvollziehen und zu verstehen. aber es ist eine geschichte, wie sie im leben durchaus vorkommen könnte, auch wenn das ganze etwas ereignisgetrieben daherkommt.