20.03.2025

çiğdem akyol: geliebte mutter canım annen

eigentlich führt aynur in istanbul ein unbeschwertes leben einer modernen jungen frau, kleidet sich modisch und geniesst die freiheit. doch ihr bruder will sie aus dem haus haben, deshalb sucht er ihr einen ehemann. als ihr der relativ ungebildete, aus einer religiösen familie vom land stammende alvin vorgestellt wird, fühlt sie nur ablehnung. doch die hochzeit findet unausweichlich statt und aynur folgt ihm nach deutschland, wo er in einem kohlebergwerk arbeitet. auch sie beginnt in einer fabrik zu arbeiten. zwei kinder stellen sich ein und immer mehr muss aynur für die ganze familie alleine sorgen, weil ihr mann dem alkohol und der spielsucht verfällt. ueberall macht er schulden. mehrmals raten ihr sohn ada und tochter meyrem zur scheidung, aber traditionelle familienzwänge und verantwortungsgefühl hindern sie daran sich zu trennen. die kinder machen ihren weg, bestehen das gymnasium und studieren. ada zieht früh weg, weil er es nicht mehr aushält, auch meyrem ist glücklich über einen studienplatz fern von zuhause. beide tragen seelische verletzungen davon. erst als der vater im sterben liegt, versöhnen sie sich mit der situation und vergeben den eltern.
schon alleine die beschreibung des milieus lohnt das buch zu lesen. unvorstellbare verhältnisse von armut, vernachlässigung und zerfall inmitten einer deutschen grossstadt bilden die bühne für diesen roman. sachlich beschreibt die autorin eine autobiografisch gefärbte familiengeschichte, die eindringlich viele facetten des prekariats ausleuchtet. wenigen schönen momenten zwischen den eheleuten stehen viele missverständnisse und konflikte gegenüber. es zeigt sich, wie eigene nicht erfüllte träume auf die nächste generation projiziert werden und wie letztlich immer wieder die hauptlast auf den frauen ruht. trotz der heftigkeit und schwere der thematik liest sich das buch erstaunlich leicht.

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