es zieht johann weg von zuhause nach
marburg ins studentenleben, wo er die neue freiheit geniesst. er lernt
christiane kennen, die schon seit ihrer frühen jugend mit tommi
zusammen ist. dies hindert sie nicht, gianni – so nennt sie johann
– unmissverständlich mitzuteilen, sie wolle mit ihm das bett
teilen. tommi reagiert locker und es beginnt eine art
dreiecksverhältnis. aber johann ist sich klar, dass er christiane
nicht liebt. ihre spröde und emotionslose art verstört ihn eher.
nach einigen erfahrungen geht er auf distanz: er reist weg und kommt
nach einer kleinen odysee in oostende an. eines nachts wird er
überfallen, tötet in notwehr den angreifer und flüchtet zurück zu
christiane. alles scheint so, wie er es verlassen hat, doch da
entdeckt er tommi tot in seinem blut auf dem bett liegen. er will
sich als täter stellen um christiane zu schützen und fragt sich
erneut, ob er sie doch liebt. auf der polizeiwache trennen sich ihre
wege. vierzig jahre später begegnen sie sich wieder. alles beginnt
von vorne.
eine eher eigenartige geschichte, in
die man sich zunächst einfinden muss. mit dieser etwas speziellen
handlung stellt der roman jedoch entscheidende lebensfragen. deren
nichtbeantwortung lässt einen beim lesen selbst schlüsse ziehen und
seine eigenen beziehungsmuster hinterfragen. auch wenn die charaktere
etwas blass bleiben, nehmen sie gestalt an und bieten
identifikationsmuster. das zentrale thema, die ambivalenz in einer
beziehung, ist überzeugend dargestellt, was das buch seht lesenswert
macht.
08.07.2025
michael köhlmeier: die verdorbenen
04.07.2025
ariel lawhon: der gefrorene fluss
im ausgehenden 18. jahrhundert lebt die
hebamme martha ballard in maine. sie übt ihren beruf schon seit
vielen jahren aus, hat mehrere hundert geburten begleitet und ist
eine anerkannte medizinalperson. selbst zieht sie mit ihrem ehemann
ephraim neun kinder gross. ueber all ihre tätigkeiten und das
geschehen am ort führt sie über jahre ein tagebuch. als die leiche
eines mannes aus dem beinahe zugefrorenen fluss geborgen wird, ruft
man sie zur leichenschau. schnell ist klar, der tote ist nicht
ertrunken, sondern wurde zuvor ermordet. am abend vorher war ihr
ältester sohn in eine schlägerei mit diesem mann verwickelt, weil
er die ehre seiner schwester verteidigt hatte. schnell fällt der
verdacht auf ihn: er wird verhaftet. gerüchte machen die runde und
es wird viel geredet, jedoch martha will die wahrheit finden und
lässt sich nicht beirren. ihre familieninteressen und ihre
berufsethik stehen sich gegenüber, die ihr schwierige entscheide
abfordern. hinter allem steht ein einflussreicher mann, dem es vor
allem um die wahrung seiner ehre und ums geld geht.
der weitläufige, handlungsreiche roman
ist nicht nur eine art krimi, sondern vor allem inspiriert von der
geschichte martha ballards, einer legendären hebamme. eindrückliche
schilderungen der damaligen lebensumstände dieser rauen
einwanderergesellschaft in einer ländlichen gegend beeindrucken
ebenso wie die beschreibungen der rolle der frauen. mütter
unehelicher kinder, für die sich martha besonders einsetzt, sind
damals geächtete personen. trotz der vielen handlungsstränge und
der grossen zahl von personen ist es nicht schwierig, den ueberblick
zu behalten. detailliert gezeichnete menschen und orte, viele
emotionen und dramatische situationen halten eine ausserordentlich
starke spannung aufrecht. einmal begonnen zu lesen, lässt sich das
buch kaum noch aus der hand legen.