03.02.2012

per olov enquist: der besuch des leibarztes

der als geisteskrank geltende christian Vll, könig von dänemark, war eigentlich ein schüchterner sensibler und kind gebliebener junger mann. mit 17 jahren wurde er mit seiner fünfzehnjährigen cousine verheiratet. er war weder am regieren noch an seiner ehe wirklich interessiert. am dänischen hof versammelte sich in der zweiten hälfte des 18. jahrhunderts eine sittlich verfallene gesellschaft. unmengen von beamten verwalteten den staat, die hierarchie bestand aus titeln und orden. der leibarzt des königs beginnt – im wissen und einvernehmen mit christian, um nicht zu sagen auf dessen wunsch – ein liebesverhältnis mit der königin und übernimmt auch immer mehr die verantwortung für die regierungsgeschäfte. ausgestattet mit allen vollmachten erlässt er von den französischen aufklärern beeinflusste dekrete und schafft die leibeigenschaft ab. aber seinen gegnern aus dem umfeld der königinwitwe – der stiefmutter des königs – passt das nicht und sie bringen den leibarzt letztlich aufs schafott und die königin ins exil.
eine spannende geschichte, die sich vor mehr als 200 jahren zugetragen hat, als historischer roman genial erzählt. vom anfang bis zum schluss, trotz der vielen figuren, deren persönlichkeiten faszinierend exakt gezeichnet sind, immer übersichtlich und anschaulich. die sprache manchmal sehr direkt und etwas derb, aber klar und unmissverständlich. der roman hält sich stark an die wirklichen historischen ereignisse und wirkt trotzdem keineswegs verstaubt, weil er den heute genau so aktuellen fragen von macht und intrige, bestechung und scheinheiligkeit nachgeht. beim lesen steht man immer auf der seite des königs, den man einfach mögen und gleichzeitig bedauern muss.

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