27.05.2012

carlos ruiz zafón: der schatten des windes


der schauplatz ist barcelona in der regierungszeit general francos. daniel, der zehnjährige sohn eines buchhändlers, findet im geheimnisumwobenen „friedhof der vergessenen bücher“ ein werk eines ihm unbekannten autoren. er beginnt zu lesen und ist so fasziniert von dessen spannendem inhalt, dass er sich auf die suche nach den spuren des geheimnisvollen autors macht. immer mehr zeigen sich parallelen zwischen den lebensläufen der beiden menschen, die eine generation trennt. eine fesselnde geschichte, die die persönlichen schicksale der zwei hauptprotagonisten im schatten des spanischen bürgerkrieges und der darauffolgenden zeit der diktatur erzählt.
es ist nicht ganz einfach immer den ueberblick zu behalten. die beiden sich gleichenden handlungsstränge aus den verschiedenen zeiten, mit vielen unterschiedlichen personen, die aehnliches und gleiches erleben, zwingen einen beim lesen aufmerksam zu sein. die enorme spannung macht es aber leicht dran zu bleiben und in die geschichte zu versinken. der schluss ist nicht nur unerwartet und überraschend, sondern auch sehr bewegend. einfach ein wunderbares buch!

13.05.2012

regina lampert: die schwabengängerin


regina lampert ist eines von mehreren kindern einer in bescheidenen verhältnissen lebenden familie im vorarlberg mitte des 19. jahrhunderts. um nicht so viele esser am tisch und ein zusätzliches einkommen zu haben werden jeden sommer viele kinder aus dem vorarlbergischen, aus graubünden und selbst aus dem südtirol nach schwaben zur arbeit geschickt. zu fuss machen sie sich auf den langen weg nach ravensburg, wo sie auf dem dienstbotenmarkt ihren neuen brotgeber finden. harte arbeit in haus und hof werden ende des sommers mit zwei garnituren kleidern, mit neuen schuhen und einem kleinen lohn bezahlt, den sie den eltern nach hause bringen. nicht alle hatten glück zu wohlmeinenden bauern zu kommen.
sechzig jahre später hat die autorin ihre erinnerungen aufgeschrieben und damit jene zeit aus ihrer sicht festgehalten. sie beschreibt ausserordentlich lebendig die damals gültigen werte, den einfluss der kirche, das brauchtum und die normen einer ländlichen gesellschaft. ein spannendes stück geschichtsunterricht, in dem nicht die noblen und reichen, die mächtigen und adeligen im vordergrund stehen, sondern jugendliche, die langsam erwachsen werden.

08.05.2012

amélie nothomb: attentat


epiphane ist hässlich, sehr hässlich sogar. er lernt die schöne schauspielerin ethel kennen und verliebt sich. auch sie wendet sich ihm zu; er hat den eindruck, sie nehme seine hässlichkeit gar nicht wahr. er wird zu ihrem besten freund, dem sie später auch erzählt, dass sie sich in xavier, einen ausserordentlich schönen mann, verliebt habe. epiphane leidet und nimmt ein angebot in japan an, in der hoffung die nötige distanz zu gewinnen. noch hat er ihr seine liebe nicht gestanden, denn in diesem zustand der unausgesprochenheit kann er von ihr träumen. zuletzt aber gesteht er ihr seine liebe und zerstört damit auch seine hoffnung: sie denkt nicht daran, ihn zu erhören.
mit drastischen beschreibungen der hässlichkeit von epiphane startet der roman, um nicht weniger drastisch utopisch weiter zu gehen. trotz der beinahe unmöglichen geschichte erkennt man das motiv: verliebtheit, sich zeit lassen mit dem liebesgeständnis, um die zeit der ungewissheit, der träume und hoffnungen möglichst lange zu erhalten.
hier treten trefflich beschriebene, schreckliche charaktere auf, deren nur allzu menschlichen gedanken auch uns bekannt sind.

01.05.2012

lukas hartmann: die frau im pelz


kaum erwachsen verlässt die adelbodner arzttochter in den 1930er-jahren die enge heimat, zunächst nach frankreich, dann nach deutschland. sie lernt einen nazifreundlichen studenten kennen, mit dem sie sich verlobt und wird von der gestapo als agentin für einen auftrag in paris angeworben. als solche entdeckt, wird sie zum tode verurteilt, später begnadigt. nach deutschland zurückgeflüchtet folgt die verhaftung als doppelagentin. sie kommt so ins konzentrationslager ravensbrück, wo sie dank ihrer intelligenz und ihrem ueberlebenswillen zur blockältesten aufsteigt und damit einfluss und macht über die anderen mitgefangenen erhält. nach kriegsende kommt sie für ihre taten im kz vor gericht. unterschiedliche, sich widersprechende zeugenaussagen verhindern nicht ihre verurteilung zum tod. der schweizerische konsul in hamburg, den sie um hilfe und beistand bittet, ist von ihrer persönlichkeit fasziniert. das trennen seiner privaten gefühle von seiner offiziellen aufgabe fällt ihm schwer.
ein historischer roman, der sich einer ganz besonderen person widmet. die eigenwillige, stolze, oft auch einsame frau kommt durch schlauheit und intelligenz immer wieder nach oben und weiss sich immer wieder den kopf aus der schlinge zu ziehen. ein stück neuerer zeitgeschichte wird auf gleichzeitig ernsthafte, anschauliche, spannende und gefühlvolle weise vermittelt. parallel sehen wir aus der optik der verurteilten und des konsuls auf das geschehen.
festgemacht an einem einzelschicksal werden die damaligen geschehnisse aus der anonymität der masse geholt. der autor verzichtet auf allzu detaillierte schilderungen von gräueltaten, trotzdem kommt die realität eindringlich daher und macht einen betroffen. bis zum schluss fällt es schwer, eine eigene meinung zur schuld oder unschuld der verurteilten zu finden.