23.11.2012

yoko tawada: ueberseezungen

nichts könnte das buch treffender beschreiben als sein titel. dieses wortspiel ist bezeichnend für den inhalt dieses erfrischenden werkes. die autorin bewegt sich zwischen ihrer japanischen muttersprache und deutsch mit leichtigkeit. deutschland, japan, die usa und südafrika sind stationen linguistischer betrachtungen einer ganz besonderen art. land, leute und deren sprache stehen immer im zentrum der betrachtung und vermitteln uns einblicke in unerwartete gesprächssituationen und dialoge. dies alles nicht ohne poesie und spielerische schönheit. ein muss für alle deren beschäftigung mit sprache nicht nur aus grammatik besteht, oder eben gerade auch für diese, weil es so einen ganz anderen zugang vermittelt.

18.11.2012

oscar peer: das raunen des flusses

zurückgekehrt an die orte seiner kindheit lässt der autor bilder einer vergangenen zeit aufleben: das unterengadin in den dreissiger und vierziger jahren des letzten jahrhunderts. keine übliche, chronologisch angelegte autobiografie, sondern einzelne kapitel mit beobachtungen und beschreibungen von erlebnissen aus seiner kindheit und jugend.
in einer schönen, reichen und bildhaften sprache schaut oscar peer zurück auf die damalige zeit und erinnert sich an seine familie, an leute aus dem dorf, mitschüler, dorforiginale, missetäter und solche, die gutes taten in den schwierigen jahren während des zweiten weltkrieges. immer wieder thematisiert er den gesellschaftlichen umgang mit damaligen ungerechtigkeiten. mit dem kapitel, das vom sterben und tod seiner mutter handelt, setzt er seinen eltern ein liebevolles denkmal. er entführt einen in eine welt, die es so nicht mehr gibt, in der viele traditionen noch unbestritten waren und schon eine reise in den kantonshauptort chur ein grösseres unternehmen war.

06.11.2012

christoph hein: weisskerns nachlass

mit einer 50%-dozentenstelle ohne aufstiegs- und karrieremöglichkeiten, kommt der bald 60-jährige stolzenberg finanziell nur knapp über die runden. neben seiner festen arbeit erforscht er das leben und wirken weisskerns, eines bedeutenden topografen niederösterreichs und librettisten mozarts. er erhält ein angebot zum kauf von alten brieforiginalen weisskerns. dahinter steht jedoch eine betrügerische absicht und stolzenberg kann einer durch die polizei eingeforderten mitarbeit nicht ausweichen, einer rolle, die ihm gar nicht behagt. echte autografen befinden sich jedoch im besitz des onkels eines seiner studenten, der versucht sein diplomzeugnis durch bestechung zu erlangen.

die verlockung sich bestechen zu lassen ist gross, mit nur wenig aufwand könnte er seine finanzielle situation massgeblich verbessern und käme auch in seiner forschungsarbeit wesentlich weiter. eine schwierige innere auseinandersetzung dominiert sein handeln. die geschichte beschreibt ein leben zwischen normalität und prekariat, wie schnell es in der heutigen zeit geht, aus dem mittelstand in die armut abzusinken. die fragen persönlicher würde und ethischen verhaltens sind ebenso das grundthema dieses buches, wie das finanzielle ueberleben und das erhalten eines gewohnten lebensstandards.