10.12.2012

andreas altmann: das scheissleben meines vaters, das scheissleben meiner mutter und meine eigene scheissjugend

dieser ungewöhnlich grauenhafte buchtitel übertreibt nicht. andreas altmann beschreibt seine grauenhafte jugend in der nicht nur er, sondern seine ganze familie unter seinem vater leiden musste. jeden tag gewalt, schläge und psychischer terror verschlechterten seine schulischen leistungen, er erlebte sich nur noch als versager.
sein vater, der im dritten reich bei der ss war, kam aus dem krieg zurück um den ererbten devotionalienhandel in altötting wieder aufzunehmen. seine frau und seine kinder wurden nun zum ziel seiner machtausübung und seines absoluten herrschens. mit an konzentrationslager erinnernden methoden wie arbeitsdienst und nahrungsentzug regierte er zuhause. schliesslich wies er seine frau aus dem haus, fortan waren die kinder ihm alleine ausgeliefert. gegen aussen mimte er den erfolgreichen geschäftsmann und guten familienvater, so dass im dorf niemand wirklich erfuhr, was in seinem haus los war.
im verlauf seiner jugend entwickelt andreas altmann strategien, diese hölle zu überleben und ihr als achtzehnjähriger zu entkommen. seine jugenderlebnisse haben folgen für die nächsten zwanzig jahre seines lebens, bis er nach einigem suchen und langer therapie endlich zu sich selbst und zu seinem beruf findet, der ihn erfüllt.
andreas altmann beschreibt in einer direkten, harten und unmissverständlichen sprache die damaligen ereignisse. nichts wird beschönigt, selbst seinen manchmal aufkeimenden wunsch seinen vater umzubringen, spricht er aus. aber trotz aller unbill und allem leid, das er erleben musste, kommentiert er mit einer grossen abgeklärtheit und distanz die damaligen ereignisse differenziert, ordnet sie ein und stellt sie in einen zusammenhang. erst nach dem tod seines vaters, den er nach seinem auszug nie mehr gesehen hatte, setzt er sich nachts neben die aufgebahrte leiche und versöhnt sich auf eine besondere art mit ihm.
manchmal hält man die beschreibungen beim lesen kaum aus. ein beeindruckendes, hartes aber auch sehr berührendes buch, das ungeschminkt eine geschichte erzählt, die man sich kaum vorstellen kann.

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