22.02.2013

astrid rosenfeld: elsa ungeheuer

elsa wird von ihrer mutter zu verwandten aufs dorf gebracht, damit sie selbst mit ihrem neuen liebhaber auf eine weltreise gehen kann. elsa ist mit ihren elf jahren eine ziemlich freche und vorlaute person und zieht schnell die beiden brüder lorenz und karl aus der nachbarschaft in ihren bann. während sie mit lorenz, dem aelteren eine schwierige freundschaft pflegt, ist karl von unerfüllter liebe für sie erfüllt. die kinder werden gross, elsa mittlerweile in texas verheiratet, lorenz künstler, der an eine reiche mäzenin gerät und scheinbar im kunstbetrieb erfolg hat. karl will ein studium beginnen und kann elsa nicht vergessen. die geschichte nimmt viele unerwartete wendungen, am schluss sind alle wieder auf sich selbst gestellt und gehen ihre wege.
ein rasantes, manchmal beinahe etwas atemberaubendes buch, das eine geschichte erzählt, die man für möglich halten könnte. nichts ist unmöglich, wagt man zu denken und ist irgendwie gespannt, wohin die handlung führt.
in der ersten hälfte des buches stört, dass die kinder wie erwachsene handeln und sprechen. die autorin versucht mit vielen schnell wechselnden handlungen, mit immer neuen ereignissen, die kaum eine kongruente handlung geben, die spannung zu halten, was aber nicht eigentlich gelingt.

07.02.2013

gaito gasdanow: das phantom des alexander wolf

als sechzehnjähriger erschiesst der ich-erzähler während des bürgerkrieges einen gegner. er flüchtet mit dem pferd des opfers, weil seines in diesem kampf tödlich getroffen wurde. diese erinnerung lässt ihn während seines ganzen lebens nicht mehr los. als er ein buch liest, in dem diese begebenheit exakt wiedergegeben ist, weiss er, nur sein damaliger gegner kann dies geschrieben haben; er hat also überlebt. seine suche nach ihm verläuft vorerst erfolglos. erst später lernt er ihn über einen zufälligen bekannten kennen. noch weiss er nicht, dass sein damaliges opfer der ehemalige mann seiner geliebten ist. die geschichte nimmt ein dramatisches ende.
eine sich langsam und ruhig aufbauende handlung, die sich immer mehr zu einem krimi entwickelt. in einer schönen und bildhaften, nicht mehr ganz modernen sprache schreibt gasdanow eine geschichte, die sich mit grundlegendem des lebens auseinandersetzt.

03.02.2013

sofi oksanen: stalins kühe

anna, die tochter einer estnischen mutter und eines finnischen vaters lebt mehr oder weniger allein mit ihrer mutter irgendwo in einer kleinstadt in finnland. ihr vater arbeitet in moskau und kommt nur selten nach hause. mit ihrer mutter reist sie immer wieder zu ihren verwandten nach estland, wo sie ihre grossmutter trifft und mit kindheitserinnerungen, der geschichte ihrer familie und derer estlands konfrontiert wird. von diesen reisen darf ihr umfeld aber nichts wissen: ihre mutter verleugnet ihre herkunft, weil estinnen in finnland einen schlechten ruf haben. in diesem spannungsfeld entwickelt anna eine schwere essstörung, die sie vor allen verbirgt.
meisterhaft verflochten kommen die verschiedenen geschichten und ereignisse daher. mit beinahe unerträglicher genauigkeit beschreibt sofi oksanen die umstände und erscheinungen der krankheit. massloses essen einkaufen, fressorgien, würgen und erbrechen folgen einander immer wieder. all den gedanken und ueberlegungen ums essen, die die an essstörungen leidenden umtreiben, kann man als leser nicht ausweichen. um sich im alltag unauffällig zu verhalten und selbst vor nächsten freunden und angehörigen die krankheit zu verbergen, muss sich anna immer wieder neue strategien einfallen lassen. aber nicht nur die leiden, sondern auch die sehnsüchte und träume annas begegnen uns. und nichts wünscht man sich sehnlicher, als dass anna am schluss gesund und glücklich wird.
ein spannendes, einzigartiges und brillant geschriebenes buch zu einem thema, zu dem es bisher kaum literatur geben dürfte.