23.03.2013

carlos ruiz zafón: der gefangene des himmels

die buchhandlung semprere, geführt vom vater und seinem sohn daniel, beschäftigt auch fermín, der sich verheiraten will. dies wird schwierig, weil er keine amtlichen papiere mehr besitzt, also eigentlich gar nicht existiert. um ihm zu helfen, müssen seine freunde seine lebensgeschichte genauer kennenlernen und der autor führt uns weit zurück in die abgründe des spanischen bürgerkrieges. eine fast unfassbare geschichte breitet sich vor uns aus.
ein spannender roman, der trotz vielen verwicklungen, parallel verlaufenden handlungen und vielen akteuren übersichtlich bleibt. die witzigen dialoge, die manchmal an die grenze des glaubwürdigen gehenden aktionen, aber auch die anschaulich beschriebenen, oft etwas seltsamen figuren machen das lesen zur reinen freude.

11.03.2013

birgit vanderbeke: die frau mit dem hund

die handlung ist in der zeit der dereinstigen ururenkel der heutigen jungen generation angelegt, also quasi eine art science-fiction-roman. die welt ist geteilt in eine sichere stadt, in der alles geregelt ist, wo die menschen nach strengen hygiene- und verhaltensvorschriften leben und dafür eine gewisse sicherheit geniessen, und in ein umland, in dem alles frei und nichts geregelt ist, wo das recht des stärkeren und des schlaueren gilt.
in einem mietshaus der stadt trifft jule, eine bewohnerin, auf der treppe eine etwas verwahrloste frau mit einem hund. fürs erste nimmt sie sie aus mitgefühl in ihre wohnung und bringt sich durch diese verbotene handlung in schwierigkeiten. zudem ist die frau schwanger. aber ein nachbar scheint eine lösung für all diese probleme zu finden.
ein buch, in dem die handelnden sich dem system der kontrolle und ueberwachung widersetzen und sich von ihren humanitären werten leiten lassen. menschliche zuneigung und liebe lassen sie sich über geltende regeln hinwegsetzen.
mit nur wenigen „zutaten“ versteht es die autorin eine fiktive welt zu beschreiben und uns näher zu bringen, so dass sie uns gar nicht so unwahrscheinlich erscheint.

10.03.2013

per olov enquist: ein anderes leben

der autor wählt für seine autobiografie eine ungewöhnliche perspektive und erzählt seine lebensgeschichte, als wäre es die eines anderen. im norden schwedens in einen kleinen dorf auf dem land gross geworden wird er später als autor bekannt und lebt fern von zuhause in grossen städten europas und in new york. zunächst führt er ein erfolgreiches und sorgloses leben, dann folgt eine tiefe krise, die in der totalen alkoholabhängigkeit endet und ihn beinahe ums leben bringt. er schafft es, zwar nicht beim ersten versuch, sich der sucht zu entziehen und ein neues konsequent abstinentes leben zu beginnen.
seine jugend in einem streng religiösen, protestantischen umfeld prägt lange seinen weiteren lebensweg. die trennung von zuhause, das studium, die aufenthalte im berlin der 68er- und folgejahre, die erfolge am broadway waren stationen des aufstiegs und der anerkennung. der fall in die abhängigkeit des alkohols beschreibt per olov enquist nahe, genau und sehr reflektiert und legt damit ein mutiges zeugnis ab. die schliesslich erfolgreiche ueberwindung der sucht lässt zum schluss des buches hoffnung und freude aufkommen.
daneben erfahren wir, wie seine bücher entstanden sind und welche sorgen und nöte er damit hatte. eine wunderbare gelegenheit einen autoren kennenzulernen und zu verstehen.

04.03.2013

alina bronsky: scherbenpark

der solitär ist ein heruntergekommenes hochhaus irgendwo am rand einer stadt in deutschland, in dem ausschliesslich eingewanderte russinnen und russen wohnen. ein den meisten von uns unbekanntes milieu, eine weitgehend chancenlose parallelgesellschaft. die 17-jährige sascha lebt mit ihren zwei jüngeren halbgeschwistern hier und besucht als hochbegabte ein gymnasium, wo sie die einzige schülerin mit migrationshintergrund ist. zudem hat ihre familie eine gewisse bekanntheit erlangt, weil der stiefvater die mutter und deren freund ermordet hat. auf der suche nach der journalistin, die darüber geschrieben hatte, trifft sascha auf volker, den redaktionsverantwortlichen und dessen sohn, was nicht ohne komplikationen verläuft.
in einer berührend direkten sprache erfahren wir vom leben dieser jungen frau, die ganz grundsätzlich keine angst hat und dank ihrer beobachtungsgabe, voraussicht und intelligenz in diesem schwierigen umfeld ihren weg macht und der integration in die gesellschaft ihrer neuen heimat immer näher kommt. die sich selbst auferlegte pflicht der verantwortung für ihre geschwister steht über allem und lässt sie immer wieder in den solitär zurückkehren.
langsam erfahren wir in rückblenden, wie sich der doppelmord damals vor den augen der kinder abgespielt hat. spannend, manchmal beinahe unwirklich oder zumindest unvorstellbar, lesen wir über saschas leben zwischen erfolgen und rückschlägen. trotz vielen extremen situationen bleibt die handlung realistisch und nachvollziehbar. die subtilen beschreibungen von gefühlen und empfindungen lassen einen dieser realität nicht ausweichen. die rasante geschichte geht nahe und lässt einen das buch kaum weglegen, bevor es zu ende gelesen ist.