06.04.2014

alissa ganijewa: die russische mauer

in dagestan ändert sich nach dem ende der sowjetunion vieles, wie überall in russland. westliche einflüsse, neue machtverhältnisse, aufleben alter traditionen und der erstarkende einfluss der bislang marginalisierten und aus dem öffentlichen leben verbannten religionen beginnen das leben zu bestimmen. verschiedene politische strömungen halten versammlungen ab und demonstrieren. trotz der zunehmenden unruhe im land versucht schamil sein leben zu leben, widmet sich seinem krafttraining, liebt schnelle autos und geht in die disco. doch als seine freundin madina sich von ihm trennt, weil sie den schleier nimmt und einem islamischen freiheitskämpfer in die berge folgt, bleibt für ihn die welt stehen und er verliert die orientierung. assja, seine cousine, will weg aus diesem land, nach georgien und noch weiter westwärts, weil sie hier keine zukunft sieht. schamil zaudert, kann sich nicht entscheiden, mit ihr zu gehen, und bleibt. die ereignisse überstürzen sich, eine katastrophe bahnt sich an.
dieses buch bringt uns eine welt nahe, die im westeuropa der 1990er-jahre kaum wahrgenommen worden ist. am beispiel dieses staatlichen umbruchs erfahren wir von den schwierigkeiten der neuorientierung, des machtvakuums, das von allen möglichen strömungen oft mit gewalt gefüllt werden will. vor allem die darunter leidenden menschen, deren oft einzige chance es war, zu schweigen oder zu fliehen, stehen im zentrum dieser geschichte. mit unmittelbaren beschreibungen lässt uns die autorin in diese welt eintauchen, der wir uns während des lesens nicht entziehen können.

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