27.06.2014

henning mankell: erinnerung an einen schmutzigen engel

im zentrum des romans steht die junge hanna, die als schiffsköchin nach afrika kommt und in lourenço marques, dem heutigen maputo, letztlich besitzerin eines bordells wird, in dem ausschliesslich weisse männer schwarze prostituierte treffen. als die schwarze isabel ihren weissen mann und vater ihrer kinder erschlägt und eingekerkert wird, nimmt hanna für sie stellung und unterstützt sie. dies ist im bestehenden rassistischen kolonialsystem eigentlich unvorstellbar.
die meisterhafte beschreibung der verhältnisse in der portugiesischen kolonie zu beginn des 20. jahrhunderts, eingebettet in eine spannende frauengeschichte, führt uns eine unglaubliche welt vor augen. gegenseitige verachtung, aber auch angst voreinander bestimmen den alltag zwischen schwarz und weiss. hanna beginnt diese strenge grenze zu überschreiten, lässt sich von ihrer menschlichkeit und ihrer ethik leiten und stellt sich quer gegen die herrschende, die einheimische bevölkerung unterdrückende gesellschaft.

19.06.2014

volker weidermann: ostende

nach der machtergreifung der nationalsozialisten in deutschland wird es für viele schriftsteller unmöglich dort zu publizieren und zu leben. im sommer 1936 treffen wir auf joseph roth, stephan zweig und andere im belgischen ostende. hier erfahren wir mehr über die ganz spezielle freundschaft zwischen zweig und roth, hier sind wir dabei, wie sie einen schönen sommer erleben, immer mit der ahnung eines aufziehenden krieges.
das buch bringt uns ein kleines fragment europäischer literaturgeschichte nahe mit genauen erzählungen und beschreibungen von tatsachen und gefühlen. schön zu lesen, macht es lust selbst nach ostende zu fahren, auch im wissen darum, dass die damalige stadt nach bombardierung und wiederaufbau nicht mehr die gleiche ist, in der joseph roth und stephan zweig jenen sommer verbracht haben.

18.06.2014

anne cuneo: schon geht der wald in flammen auf

das zürcher schauspielhaus ist während des zweiten weltkrieges eine der einzigen freien bühnen im deutschen sprachraum. hier werden stücke gespielt, die in deutschland längst verboten sind. bedeutende schauspielerinnen und schauspieler haben hier einen ort für ihr wirken gefunden. die junge jüdische emigrantin ella berg, die ihre ganze familie verloren hat, kommt nach zürich und wird in diese gemeinschaft aufgenommen. hier lernt sie nathan kennen, die beiden verlieben sich. ihre heirat hilft auch, den aufenthaltsstatus von ella zu regeln.
ein stück spannender zeitgeschichte kommt uns in diesem buch entgegen. ganz nahe führt uns die autorin in diese welt der bühne, eines ensembles, das unter schwierigen umständen ein freies theater macht und damit gegen den nationalsozialismus stellung nimmt. auch dass die offizielle schweiz, die auf neutralität bedacht ist und eine konfrontation mit nazideutschland zu vermeiden sucht, diesen aktivitäten kritisch gegenüber steht, wird thematisiert. ein geschichtsbuch, das fiktion und wirklichkeit in einem spannenden roman verbindet.