31.08.2018

assia djebar: das verlorene wort

nach zwanzig jahren leben und arbeiten in frankreich kehrt berkane zurück in seine heimat algerien. die orte sind ihm fremd geworden, arabisch nicht mehr seine erste sprache. die realität in diesem land und seine erinnerungen stimmen nicht mehr überein und haben etwas bedrohliches. langsam findet er über seine beziehung zu seiner nachbarin nadja, wieder zurück zu der sprache seiner kindheit. auf der suche nach orten seiner jugend verschwindet er und wird nicht wieder aufgefunden.
geprägt von den angst- und gewalterlebnissen seiner kindheit, trifft er bei der rückkehr auf ein land in unruhe. französisch, die sprache der kolonialherrschaft – für viele die sprache, die sie am besten beherrschen – ist zunehmend verpönt, was viele verunsichert und irgendwie heimatlos macht. deutlicher lässt sich die veränderung in diesem land kaum aufzeigen. trotz der politischen unruhen und schwierigkeiten erfahren wir von der schönheit des landes. das buch ist eine liebeserklärung an algerien.

21.08.2018

michel houellebecq: ausweitung der kampfzone

der eintönige alltag eines jungen informatikers wird unterbrochen durch eine geschäftsreise, begleitet von einem kollegen mit dem er diese aufgabe erfüllen soll. dieser tisserand versucht permanent bei frauen anzukommen und das erfolglos. davon aber wird die freizeit dominiert, die sie fern von zuhause teilweise gemeinsam verbringen. zwischen belustigung und mitleid betrachtet unser protagonist die bemühungen seines kollegen. das skurrile verhältnis der beiden endet mit dem tod tisserands durch einen verkehrsunfall während seiner vorzeitigen heimreise. der junge informatiker kehrt später zurück nach paris, wo er zurückgezogen in eine depressive stimmung sinkt.
dies alles ist nur die kulisse, vor der die satirischen beobachtungen und beschreibungen von menschen, deren erscheinung und handeln vermittelt werden. so hält der autor der aktuellen gesellschaft treffend, aber beinahe bösartig, den spiegel vor. der zeitweise abgründige humor und auch der vollendet schöne sprachliche ausdruck, machen dieses buch zu einem ganz speziellen lesevergnügen. gut zu verstehen, dass es bald nach seinem erscheinen einen so grossen erfolg hatte.

07.08.2018

etel adnan: sitt marie-rose

sitt marie-rose ist leiterin einer schule für behinderte kinder im libanon und setzt sich stark für diese ein. sie hat als tochter einer griechin und eines türken früh schon für die befreiung der frauen und für soziale gerechtigkeit gekämpft. während des bürgerkrieges gerät sie zwischen alle fronten. sie wird entführt; einer der entführer ist ein früherer mitschüler und freund, der nun in einem feindlichen lager steht. sie bezahlt ihr engagement mit dem leben.
die geschichte macht sehr betroffen. sehr subtil, aber klar und unmissverständlich wird man hier an das schicksal einer frau herangeführt, die ein emanzipiertes und freies leben lebt – oder immer mehr zu leben versucht. beim lesen beginnt man die komplizierten ethnischen und religiösen verhältnisse im libanon im ansatz zu verstehen und muss begreifen, dass hier worte nichts mehr ausrichten können, weil waffen das sagen haben.