29.09.2020

saša stanišić: herkunft

während des jugoslawienkrieges kommt der autor als 14-jähriger mit seinen eltern auf der flucht nach deutschland. nichts ist mehr, wie es war. nach dem anfänglichen aufenthalt in einem flüchtlingsheim wohnt seine familie später in einem sozial eher schwachen viertel heidelbergs. der treff der jugendlichen unterschiedlichster herkunft ist eine tankstelle. hier findet er freunde. lange dauert die unsicherheit, ob seine familie in deutschland bleiben darf. zurückgeblieben in der alten heimat ist die grossmutter, die er später immer wieder besucht. seine reisen dahin führen ihn in sein herkunftsland, in dem ein krieg das selbstverständliche zusammenleben der menschen zu einem komplizierten konfliktfeld hat werden lassen.
selten habe ich ein so einzigartiges buch, voll von starken texten gelesen, die stimmungen, gefühlslagen und realitäten aus der sicht eines jugendlichen beschreiben, dessen leben eine totale wende nimmt. die autobiografisch geprägten kapitel geben unablässig eine neue sicht auf die vielgestaltigen probleme, die eine solche flucht nach sich zieht. konsequent ausschliesslich beschreibend und nie wertend gelingt es dem autor – ohne humor und zuversicht zu verlieren – einen kritischen blick auf das geschehen zu werfen. die auseinandersetzung mit seiner herkunft ist nicht nur sehr berührend, sondern hat etwas wegweisendes. und, wie er das buch zu ende führt, ist eine nicht ganz einfache, aber gelungene ueberraschung.

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