die junge schauspielerin ada leidet
unter einer angststörung, die ihr das alleinesein beinahe
verunmöglicht und sie nachts kaum schlafen lässt. mit komplizierten
ritualen versucht sie zur ruhe zu kommen. auch wirtschaftlich geht es
ihr nicht besonders gut. wegen ihrer mietrückstände setzt ihr der
vermieter seinen enkel als mitbewohner in ihre wohnung. was sie
zunächst als eingriff in ihre privatsphäre und zumutung erlebt,
entwickelt sich zu einer liebesgeschichte, die sie auch von ihren
zwängen zu befreien beginnt.
schon allein die eindrückliche
beschreibung dieser angststörung lohnt die lektüre dieses buches.
mit wenigen worten erreicht die autorin eine beachtliche dichte in
text und handlung. diese beinahe unwahrscheinliche geschichte kommt
so wahrscheinlich und authentisch daher, dass sie einen völlig
gefangen nimmt.
30.10.2020
simone lappert: wurfschatten
24.10.2020
gaito gasdanow: nächtliche wege
als russischer emigrant verdient sich
der erzähler in den 1930-jahren sein geld als taxifahrer in paris.
jede nacht ist er unterwegs, begegnet zuhältern, betrügern,
prostituierten, alkoholikern, clochards und andern nachtaktiven
menschen. er lernt deren schicksale näher kennen und wird vertrauter
dreier frauen aus dem rotlichtmilieu.
mit seiner treffenden beschreibung
zeichnet er ein nächtliches kaleidoskop der französischen
hauptstadt jener zeit. armut und reichtum, freundschaft und
einsamkeit, gewalt und gerechtigkeit, misstrauen und zugewandtheit
sind die zentralen themen dieses nicht leicht zu lesenden textes. die
erforderliche konzentration, um diesem zeitdokument zu folgen, lohnt
sich aber sehr.
18.10.2020
julian barnes: die einzige geschichte
im tennisclub einer wohnsiedlung lernt
der 19-jährige paul die dreissig jahre ältere susan kennen, was
bald in eine liebesbeziehung mündet. susan ist verheiratet und hat
schon zwei erwachsene töchter. für ihn ist sie die frau fürs
leben, der seine erste grosse liebe gilt. nach einigen jahren
verlässt susan ihren mann und zieht mit paul zusammen, aber ihr
gemeinsames leben wird schwierig und ihre beziehung scheitert. für
den immer noch jungen paul ist diese erste liebe prägend und
bestimmt während des ganzen restlichen lebens sein verhältnis zu
anderen frauen.
die eigentlich profane geschichte wird
zur genialen grundlage eines psychogramms einer ungleichen
partnerschaft. die präzise und treffend beschriebenen abgründe
dieser liebe faszinieren ebenso, wie die tiefgründige
auseinandersetzung, mit der paul gegen ende des buches sein leben und
handeln reflektiert.
11.10.2020
ljudmila ulitzkaja: jakobsleiter
es ist nicht ganz einfach, diese weitläufige geschichte zu lesen, die sich auf das leben von zwei verschiedenen generationen konzentriert, die beide in zeiten eines grossen umbruchs leben. die grosseltern zur zeit der oktoberrevolution und den daraus folgenden veränderungen, nora zur zeit der perestroika. während die wiedergabe des briefwechsels oft etwas langfädig daher kommt, wirkt die handlung der aktuellen geschichte spannend, wenngleich sie sprachlich etwas oberflächlich und plakativ bleibt. der interessante geschichtliche hintergrund wird nur in zusammenhängen angedeutet und erfordert eine gewisse kenntnis der politischen ereignisse. nach langem durchhalten kann man sich aber auf einen gelungenen schluss freuen.