die liebe zweier geschwister, die des inzests verdächtigt werden, und die schwierigen beziehungsverhältnisse in einer patch-work-familie sind die zentralen themen des romans. die komplexe handlungsführung mit zeitsprüngen ist manchmal etwas unübersichtlich, was die gefahr birgt, dass man beim lesen die orientierung verlieren kann. der unterschied der beiden hauptprotagonisten lässt ein beinahe ungerechtes gefälle und eine einseitige abhängigkeit durchscheinen. auch wenn das buch nicht durchgehend spannend ist, enthält es eine geniale geschichte.
25.07.2021
nino haratischwili: mein sanfter zwilling
die liebe zweier geschwister, die des inzests verdächtigt werden, und die schwierigen beziehungsverhältnisse in einer patch-work-familie sind die zentralen themen des romans. die komplexe handlungsführung mit zeitsprüngen ist manchmal etwas unübersichtlich, was die gefahr birgt, dass man beim lesen die orientierung verlieren kann. der unterschied der beiden hauptprotagonisten lässt ein beinahe ungerechtes gefälle und eine einseitige abhängigkeit durchscheinen. auch wenn das buch nicht durchgehend spannend ist, enthält es eine geniale geschichte.
18.07.2021
yael inokai: mahlstrom
an der beerdigung von barbara, die sich
als junge frau das leben genommen hat, sind auch alle versammelt, die
gemeinsam mit ihr zur schule gegangen sind, nur yann fehlt. seine
abwesenheit wirft das licht auf eine unschöne vergangenheit. yann,
der ein zugezogener war und immer ein aussenseiter blieb, wurde
damals das opfer: er musste unter mobbing und gewalt leiden. auch
adam, der eigentlich in yann verliebt war, wurde zum täter. alle
daran beteiligten beginnen sich mehr oder weniger freiwillig ihren
taten zu stellen. aus der perspektive der einzelnen werden kapitel
für kapitel diese ereignisse aufgerollt.
ganz unauffällig und ruhig fängt der
roman mit dieser trauerfeier an und erzählt dann immer stärker und
eindringlicher diese dorfjugendgeschichte, die in ein offenes ende
mündet. in einer schönen und reichen sprache berichtet die autorin
über ein phänomen, das sich an vielen orten immer wieder ereignet,
über das wenig gesprochen wird, und setzt damit den unbeachteten
opfern ein denkmal.
14.07.2021
ayelet gundar-goshen: lügnerin
als nuphar, die eisverkäuferin, von
einem kunden aufs uebelste beleidigt wird, verlässt sie ihren stand.
er folgt ihr und attackiert sie weiter verbal. sie beginnt zu
schreien, die leute laufen zusammen und plötzlich richten sich alle
blicke auf sie, die sonst immer im schatten ihrer schönen schwester
steht. schnell macht das gerücht eines sexuellen uebergriffes die
runde und als eine polizistin sie einvernimmt, korrigiert sie diese
unwahrheit nicht. eine kleine lüge beginnt wirkung zu zeigen, denn
der täter ist ein prominenter sänger. nuphar wird als opfer in der
boulevardpresse bedauert und zu fernsehshows eingeladen. dem
vermeintlichen täter droht eine hohe gefängnisstrafe, was nuphars
gerechtigkeitssinn weckt. wie kommt sie wieder aus dieser geschichte
heraus?
der roman befasst sich, das kennen wir
alle, mit den kleinen unwahrheiten und missverständnissen, die zu
korrigieren wir hin und wieder unterlassen. die beschreibung der
emotionen und gefühle sind zwar treffend, allzu tiefgründig ist der
text jedoch nicht und er hat auch immer wieder längen. die personen
bleiben trotz vieler und auch detaillierter beschreibung etwas blass
und das ende kommt etwas schnell und wirkt unvollständig. aber alles
in allem ist das buch leicht zu lesen, unterhaltend und zeitweise
auch lustig.
07.07.2021
philip roth: gegenleben
nathan und henry sind brüder, der
religion eher fern stehende juden, die in new jersey leben. henry,
der zahnarzt, ist verheiratet und hat drei kinder, nathan ist
schriftsteller. einer der beiden erleidet einen herzinfarkt und muss
danach mit medikamenten behandelt werden, die als nebenwirkung
massive potenzstörungen mit sich bringen. nur eine lebensgefährliche
operation kann ihn von diesen medikamenten befreien. die frage stellt sich, ob er sein leben riskieren soll.
die fünf kapitel des buches pendeln
zwischen realität und fiktion. sie beziehen sich gegenseitig
aufeinander, letztlich bleibt aber unklar, welcher der beiden männer
der betroffene ist. teils aus der optik des beobachtenden autors,
teils aus der sicht des betroffenen lässt sich nie ganz ausmachen,
was nun wirklich ist. lange diskussionen über tod, sexuelle potenz,
mann-sein und judentum sind nicht nur die zentralen motive dieser
komplexen geschichte, sondern ergeben auch eine abenteuerliche
mischung, die den roman etwas überladen daherkommen lässt.
interessant ist die auseinandersetzung eines juden mit seiner
religion, der wenig bis kaum in dieser tradition verhaftet ist. das
wahrscheinlich autobiografische züge tragende buch ist anspruchsvoll
und hat mir einiges abgefordert.