07.02.2023

lea ypi: frei

lea lebt die ersten zehn jahre im von der welt abgeschotteten sozialistischen albanien enver hoxhas. für sie sind die in dieser gesellschaft vermittelten werte das einzige, woran sie sich orientiert, sie kennt nichts anderes. nur bei ihrer grossmutter wirkt die herkunft aus einer reichen oberschichtfamilie noch irgendwie nach, was bei lea manchmal fragen aufkommen lässt, auf die sie kaum antworten erhält. mit dem fall des eisernen vorhangs verändert sich nicht nur das leben, sondern auch die sicht auf die werte und bedeutungen. verluste und gewinne beginnen sich augenscheinlich die waage zu halten, oder doch nicht?
auf autobiografischer basis erzählt lea ypi ihre lebensrealitäten aus der sicht des kindes, das sie damals war. gleichzeitig reflektiert sie diese erlebnisse als erwachsene in einem genialen text und lässt uns damit ein stück geschichte auf eine ganz andere weise erfahren. der blick in das unzugängliche und geheimnisumwitterte land ihrer kindheit ist sehr differenziert. emotional und sachlich zugleich berichtet sie über politisches bewusstsein, abhängigkeiten und was freiheit in verschiedenen momenten bedeutet, aber auch darüber, wie schnell das willkommensein als flüchtling in abweisung umschlägt. sehr bewegend lässt sie uns an dem teilnehmen, was viele menschen aus sozialistischen staaten nach deren ende erlebt haben.

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