12.08.2012

jordi soler: das bärenfest

im spanischen bürgerkrieg verschwindet der grossonkel des autors auf der flucht über die pyrenäen nach frankreich, während seine familie ins exil nach mexiko auswandert und dem verschwundenen ein ehrendes andenken bewahrt, das mythen um ihn entstehen lässt und seine verehrung steigert. auf der suche nach seinen spuren entdeckt sein grossneffe ein ganz anderes bild des vermeintlich toten: aus dem einstigen musiker und familienmitglied ist in seinem ueberlebenskampf ein verrohter mensch geworden, der arme leute ausraubt und selbst seinen einstigen retter den verfolgern ausliefert. am ende steht der autor nach langen nachforschungen seinem noch lebenden grossonkel gegenüber.
in einer komplexen und bildreichen sprache geschrieben ist diese geschichte ausserordentlich fesselnd. was aus menschen unter extremen bedingen werden kann, was sie antreibt zu taten, die sie sich selbst zuvor nie hätten vorstellen können – das zentrale thema – wird hier eingebettet in eine sehr persönliche familiengeschichte und löst gerade deswegen mehr betroffenheit aus. trotz der ausgedehnten charaktervollen beschreibung von landschaft, menschen und gesellschaft vermag der roman die spannung zu halten und fördert schritt für schritt schreckliches zutage. ohne zu werten und zu kommentieren lässt uns der autor nicht nur an einem stück seiner familiengeschichte teilnehmen, sondern berichtet uns auch darüber, was in ihm selbst bei diesen entdeckungen vorgeht. das ende kommt abrupt und als lesender bleibt man einen moment etwas unzufrieden, aber nur, bis man entdeckt, dass es da gar nichts mehr zu sagen gibt, dass gerade dieses ende einen zum weiterdenken und zur auseinandersetzung mit dem stoff antreibt.

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