29.01.2018

joseph conrad: herz der finsternis

marlow ist unterwegs auf einer abenteuerlichen reise nach afrika. er kommt immer tiefer ins unbekannte landesinnere einer kolonie, trifft immer wieder auf missionsstationen und siedlungen und muss sehen, wie mit gewalt und unehrlichen geschäften den einheimischen nicht nur ihre rohstoffe, sondern auch ihr land genommen wird.
dieser über hundert jahre alte roman beschreibt die damaligen aktivitäten von siedlern und kolonialisten und trägt durch die benennung des unrechtes dazu bei zu verstehen, wo viele noch heute herrschende probleme afrikas ihren ursprung haben.

24.01.2018

jakob arjouni: hausaufgaben

joachim linde ist deutschlehrer an einem gymnasium. seine letzte schulstunde vor dem langen wochenende nimmt eine schwierige wendung, die zu einem skandal ausarten könnte. zuhause steht es auch nicht zum besten. die frau depressiv und immer wieder in der klinik, die tochter wohnt mit einem suspekten freund in mailand. sein sohn pablo verunglückt und liegt im koma im spital. und nach dem wochenende steht in der schule die sitzung an, an der über die auswirkungen seiner letzten deutschstunde gesprochen wird.
von kapitel zu kapitel wird es schlimmer. ganz langsam entwickelt sich dieses drama unweigerlich und ist zeitweise beinahe nicht auszuhalten. all die träume, die der vater in seine familie gesteckt hat, sind nicht erfüllt, der ganze liberale unterricht ist zum scheitern verurteilt. trotz der heftigkeit und tragik spannend und leicht zu lesen.

22.01.2018

fatma aydemir: ellbogen

hazal, tochter türkischer einwanderer, ist in deutschland geboren. sie will ihre jugend geniessen, sich verlieben und frei sein. nach einer schicksalshaften nacht wird sie von der polizei gesucht. sie flüchtet nach istanbul, das sie nur vom hörensagen kennt und versucht dort fuss zu fassen. ihre tante versucht erfolglos sie zurückzuholen.
das einzigartige stimmungsbild der familie von hazal allein lohnt schon das lesen des buches. dazu kommen einige ihrer freundinnen – alle ebenso mit migrationshintergrund – die mit ihren träumen und wünschen zwischen den beiden kulturen ihren weg finden müssen. in istanbul herrscht eine ganz andere realität, die die vermeintliche freiheit eher zu einem ueberlebenskampf umkehrt. beim lesen freut und leidet man mit hazal und hofft dauernd, dass sich alles doch noch zum guten wendet.

16.01.2018

yvette z'graggen: matthias berg

marie reist von genf nach berlin um ihren grossvater kennenzulernen, über den sie von ihrer mutter viel gehört hat. er kam damals als gebrochener mann aus der kriegsgefangenschaft zurück. sie trifft ihn, doch bevor es zu einem gespräch kommt, stirbt er. lena, seine lebensgefährtin berichtet über die dunkle zeit dieses mannes.
mit kargen sätzen wird hier die geschichte eines deutschen kriegsheimkehrers erzählt, dessen leben durch die erlebnisse zerstört ist und das leben seiner nächsten angehörigen ebenso verstört. mit diesem buch setzt die autorin nicht nur einen eindringlichen appell gegen kriege, sondern schafft auch einen wichtigen beitrag zum verständnis der deutschen nachkriegsgesellschaft.

13.01.2018

steinunn sigurdardóttir: herzort

die alleinerziehende mutter harpa beschliesst mit ihrer drogenabhängigen tochter edda aus reykjavik wegzugehen, um sie der schlechten gesellschaft dort zu entziehen. harpas beste freundin heide fährt sie mit ihrem pickup an die ostfjorde. die reise der südküste islands entlang birgt viele ueberraschungen und verläuft nicht immer problemlos. die schwankende stimmungslage von edda und der versuch ihrer drogenfreunde sie zurückzuholen, bringt einige schwierigkeiten. und harpa ist noch auf einer ganz anderen, eigenen mission: sie will in ihrer heimat endlich erfahren, wer ihr leiblicher vater ist.
intensiv und von emotionaler tiefe ist die beschreibung des dilemmas der jungen mutter, die der fast unlösbaren aufgabe gegenüber steht, die tochter trotz ihrer frechen und ruppigen art zu lieben und gegen ihren willen das «beste für sie» zu wollen. daneben steht die jahrelange und tragende freundschaft von harpa und heide, die verschiedener nicht sein könnten. dies alles spielt sich in einer spektakulären landschaft ab. zuletzt löst sich auch die frage nach dem leiblichen vater ohne ins kitschige abzugleiten. wenn einem der einstieg in die geschichte gelungen ist, liest sich das buch gut und weckt sehnsüchte nach diesem einzigartig fremden island.

07.01.2018

elif shafak: der architekt des sultans

im 16. jahrhundert kommt jahan aus seiner heimat indien mit einem weissen elefanten in istanbul an. das tier ist ein geschenk des dortigen herrschers für den sultan des osmanischen reiches. als betreuer des elefanten lebt jahan am hof und sein aufstieg bis in die höchsten kreise beginnt. er verliebt sich unglücklich in die tochter des sultans, wird schüler des hofarchitekten sinan und befreundet sich mit einem zigeunerpatriachen, der ihn mehrmals aus schwierigkeiten rettet. als sinan stirbt verhindern intrigen, dass jahan dessen nachfolge antreten kann. im hohen alter kehrt er nicht ganz freiwillig zurück nach indien.
schon nach den ersten zwanzig seiten steckt man mitten in dieser farbigen geschichte, die einen an märchen aus 1001 nacht erinnert. allein die beschreibung des friedlichen lebens der menschen so unterschiedlicher herkunft im damaligen istanbul lohnt das lesen. die lebensgeschichte von jahan ist ergreifend und voll von emotionen. auch wenn ihm nicht alles gelingt und er immer wieder niederlagen erleben muss, bleibt er ein mensch, der nur das gute will. eine meisterhafte erzählung, in der alles stimmt.