ilaria ist vierzig und lehrerin in
einer staatlichen schule in rom. als sie eines tages nach hause
kommt, sitzt ein junger flüchtling aus aethiopien vor ihrer
wohnungstüre und behauptet, mit ihr verwandt zu sein. laut seinem
ausweis ist sein name auch der name ihres vaters. nachdem sie ihn in
ihrer wohnung aufgenommen hat, beginnt sie gemeinsam mit ihrem
halbbruder atilio nachforschungen anzustellen. ihren vater können
sie nicht mehr fragen, seine demenz lässt kaum erinnerungen zu. doch
entdecken sie, dass ihr vater in den 1930er-jahren als militär im
damaligen italienisch-ostafrika stationiert war. der blick auf eine weit verzweigte familie und auf die kolonialzeit italiens tut sich
auf.
mit einer spannenden und breit
angelegten familiengeschichte, die sich über mehrere generationen
hinzieht, wird hier nicht nur ein stück neuerer italienischer
geschichte, sondern auch der heutige umgang damit präsentiert.
drastisch und schonungslos erfährt man von den gräueltaten der faschisten an der afrikanischen
bevölkerung. auf kosten der detailgetreuen beschreibung kolonialen
wirkens verliert der roman zeitweise etwas an spannung und fordert
einem beim lesen einiges an geduld ab. geschickt wechselt die autorin
zwischen realität und fiktion, zwischen der vergangenheit und der
gegenwart und bringt einen immer wieder zurück ins aktuelle
geschehen. verbandelungen innerhalb der familie, abhängigkeiten und
klientelismus sind ebenso realistisch dargestellt wie die
untergeordnete rolle der frauen bis zum heutigen tag. leider verliert
die zentrale handlung zunnehmend an bedeutung und verkommt beinahe
zum nebenschauplatz.
23.08.2020
francesca melandri: alle, ausser mir
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