13.09.2021

michael köhlmeier: das mädchen mit dem fingerhut

das kleine mädchen, das alleine zwischen den leuten auf dem markt unterwegs ist, wird zunächst nicht beachtet. man gibt dem kind zu essen und zu trinken. von der sprache versteht es nichts, aber als das wort polizei fällt, beginnt es zu schreien und ergreift die flucht. später trifft es auf zwei jungen, die ebenso mittellos auf der strasse leben und schliesst sich ihnen an. gemeinsam versuchen sie zu überleben. als das mädchen erkrankt, wird es von einer älteren dame in ihr haus aufgenommen, gesundgepflegt und in der folge auch opfer ihrer machtausübung. eine gewalttätige befreiung aus dieser situation lässt die geschichte eskalieren und findet ein offenes – kein glückliches – ende.
ein buch, das all den kindern ein denkmal setzt, die unbegleitet auf der flucht in einem ihnen fremden land ankommen, wo niemand auf sie wartet. meisterhaft beschreibt der autor in einer klaren sprache nicht nur die kraft und den ueberlebenswillen der kinder, sondern auch die ambivalenz unserer gesellschaft zwischen mitleid, hilfe und macht. die stärke dieses textes ist dessen konzentriertheit und beschränkung aufs wesentliche. damit wird er so eindringlich.


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