31.01.2022

deniz ohde: streulicht

kein schöner ort: eine grosse fabrikzone, die luft ist belastet, im winter fällt industrieschnee. hierher kommt die erzählerin nach einem hochschulstudium zurück zu besuch in das dorf, in dem sie als kind gross geworden ist. sie erinnert sich an das leben in dieser arbeiterwohnung. die mutter ist früh verstorben, der vater ist einer, der nichts wegwerfen kann. nach einem schulabbruch holt sie erst viel später an einer abendschule das gymnasium nach. sie trifft wieder auf ihre ehemaligen mitschüler, die einen anderen gesellschaftlichen hintergrund haben, deren bildungsweg deshalb wesentlich direkter verlaufen ist.
wie noch heute arbeiterkinder und kinder aus migrationsfamilien trotz vielgepriesener chancengleichheit es unheimlich viel schwerer haben, gerecht und richtig wahrgenommen zu werden, dies ist da zentrale thema des buches. mit einer feinfühligen, exakten beschreibung bringt die autorin uns das thema nahe. vorurteile und soziales gefälle lösen früh eigene zweifel aus und stören das selbstbewusstsein. exemplarisch wird aufgezeigt, wie angst davor, sich in der welt ausserhalb der eigenen erfahrungen nicht bewegen zu können, für betroffene zu einer grossen anstrengung wird. damit liefert dieser vielschichtige roman das bild einer realität, die immer wieder ignoriert wird.

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