autobiografisch berichtet die
erzählende person über kindheit, jugend und erwachsenwerden. die
flucht aus dem kleinstädtischen vorortsmilieu in die grosse stadt
wird zum beginn der eigenen befreienden selbstfindung. durch briefe
und gespräche manifestiert sich die wichtige beziehung zur
grossmutter. anfänglich bestehen grosse schwierigkeiten, die eigenen
wahrheiten und empfindungen ihr gegenüber zu erzählen. mit der
zunehmenden demenz der grossmutter wird dies leichter. immer mehr
sich selbst sein, immer mehr sich versöhnen mit dem eigenen, früher
verhassten körper ist ein schwieriger aber letztlich gelingender
prozess, aus dem ein selbstbewusster und selbstverständlich lebender
mensch wird.
was für ein buch – zurecht gewinnt
es preise!! schnell tauchte ich in diesen berührenden und
vereinnahmenden text ab, der eine schwer zu beschreibende faszination
auslöste. der sehr persönliche zugang, dieses ehrliche,
ungeschminkte schreiben über das nichtbinärsein, über träume,
sexuelle gewalt und zärtlichkeit lässt einen diese realität wie
sonst kaum etwas fühlen. die blutbuche im heimatlichen garten und
die verschwindenden alten wörter der muttersprache – reminiszenzen
an die jugendzeit – vermitteln heimat und geborgenheit, geben halt
im wechselvollen neuen alltag. die dichte, genderbalancierte sprache
mit oft so treffenden und verwegenen wortschöpfungen, die auch
unbeschreibliches klar darstellen, tragen viel zum verständnis der
fragen um die geschlechteridentität bei. und immer wieder liessen
die beschreibungen aufflammender zweifel, unsicherheiten und
selbstablehnung mir tränen in die augen steigen. eines der bücher,
an dessen lektüre ich mich immer erinnern werde.
13.04.2023
kim de l'horizon: blutbuch
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