05.06.2024

gerbrand bakker: oben ist es still

die zwillingsbrüder helmer und henk, die selbst die mutter nur schwer auseinander halten kann, wachsen auf einem hof im holländischen flachland auf. der vater bevorzugt henk in allem und sieht nur in ihm den nachfolger als bauer. aber als dieser bei einem unfall ums leben kommt, muss helmer sein studium aufgeben, um auf dem hof zu arbeiten. nach dem tod der mutter und dem weggang des knechtes jaap, bei dem er immer zuwendung und trost gefunden hat, bleibt helmer mit seinem vater, für den er immer nur zweite wahl ist, allein zurück. fast vierzig jahre hat er nun zwischen kühen verbracht. seinen inzwischen pflegebedürftig gewordenen vater bringt er in ein zimmer im oberen stock, wo er nicht mehr weg kann, womit sein einfluss schwindet. als riet, die frühere freundin seines zwillingsbruders ihn bittet, ihren sohn bei sich zu beschäftigen lässt er sich darauf ein. die freiheitsliebende, aufmüpfige und ungezwungene art des jungen mannes lässt helmer über seine situation nachdenken. als der vater stirbt setzt er seinen plan um, gibt den hof auf, verkauft die tiere und macht mit jaap, der an der beerdigung des vaters wieder auftaucht, eine reise nach dänemark.
diese geschichte über ein leben, das nicht so gelebt werden kann, wie es geplant war, erreicht durch die karge erzählweise eine ausserordentliche intensität. die sich auf das wesentliche beschränkenden personenbeschreibungen lenken nie von der eigentlichen handlung ab und bereichern das gesamte bild. ein zentrales motiv – der verlust und das fehlen seines zwillingsbruders – kehrt immer wieder und begleitet die handlung auf eine ganz besondere weise. durch die machtverhältnisse zwischen vater und sohn lassen sich die im zentrum stehenden gedanken, wünsche und träume helmers nicht verwirklichen. so zieht sich sein leben auf eine beinahe unerträgliche art durch die jahre. daneben tauchen immer wieder seine latent homoerotisch besetzten betrachtungen auf, die aber unerfüllte wünsche bleiben. trotzdem – und das ist das faszinierende – verliert er seinen lebensmut nicht. befreit von der last folgt er am ende seinen träumen und bleibt, was er selbst wertfrei feststellt, doch allein.

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