27.10.2024

philipp gurt: schattenkind

als siebtes von acht kindern wird philipp in eine familie geboren, der es wirtschaftlich nicht gut geht. als er vier jahre alt ist, verlässt die mutter die familie wegen eines anderen mannes. die behörden lösen die familie auf, die geschwister werden an verschiedenen orten fremdplatziert. so durchläuft philipp seine jugend in kinderheimen, pflegefamilien, im waisenhaus, später auch in anstalten und kliniken. er erfährt gewalt und missbrauch, trifft aber auch immer wieder auf menschen, die ihm zugetan sind. schon früh betrachtet er seine situation kritisch, lässt sich nicht alles gefallen, bricht immer wieder aus und flüchtet, was ihm jeweils sanktionen einträgt. seinen vater – mittlerweile schwer alkoholkrank – sucht er immer wieder auf um geborgenheit und liebe zu erfahren.
was uns sonst immer in abstrahierter, anonymisierter und pauschalisierter form vermittelt wird, kommt in diesem autobiografischen bericht sehr konkret daher. als einer, der wie viele andere bis in die 1970er-jahre als kind administrativ von den eltern getrennt worden ist, versteht es der autor differenziert und selbstkritisch zurückzublicken. unvorstellbares widerfährt ihm als junger mensch, das einzuordnen ihm damals kaum möglich ist. trotzdem folgt er seinen träumen, lässt sich von seinem weg nicht abbringen und blickt als erwachsener ohne groll auf seine jugend zurück. wie er den damaligen entscheidungsträgern und erziehenden ausdrücklich verzeiht, ist echt und glaubwürdig. authentischer könnte diese kein einzelschicksal darstellende jugend nicht beschrieben werden. dieses versöhnliche und berührende buch wird damit ein wichtiger beitrag zu diesem thema.

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