12.01.2025

monika helfer: vati

als intelligenter, ruhiger und friedliebender junger mann wird joseph 1944 mit 17 jahren einberufen und an die ostfront geschickt. dort erleidet er eine erfrierung, weshalb ihm ein unterschenkel amputiert werden muss. im lazarett lernt er seine zukünftige frau kennen, mit der er später fünf kinder hat. er wird verwalter eines erholungsheimes für kriegsversehrte. ueber den krieg spricht er wie so viele andere, die an der front waren, nicht. auch sonst ist er eher wortkarg — seine grosse leidenschaft ist die literatur. dann kommt der tag, an dem das heim modernisiert und der fokus auf sommergäste gelegt wird. lieber nimmt josef den sozialen abstieg in kauf und kündigt seine stelle, denn für diese veränderung will er nicht zur verfügung stehen. so verlässt er mit seiner familie den glücklichen ort und die kinder werden bei verwandten untergebracht. joseph, längst witwer, heiratet eine andere frau, die den kindern eine gute stiefmutter wird.
ein sehr persönlicher text, in dem die autorin ihrem vater nachgeht, der ihr durch seine schweigsamkeit immer etwas fremd geblieben ist. ereignisse in ihrer eigenen jugend, gespräche und erinnerungstücke lassen sie das bild eines liebenswerten, in sich gekehrten mannes mit einem ausgeprägten gerechtigkeitssinn zeichnen. gleichzeitig vermittelt sie ein stück sozialer nachkriegsgeschichte. aus ihrer perspektive geschrieben wird der berührende bericht sehr direkt.

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