12.02.2019

sabine bode: das mädchen im strom

jung, schön und etwas hedonistisch – das ist gudrun, deren lebensgeschichte hier erzählt wird. schon während der schulzeit ist sie glücklich mit martin, ihrer ersten grossen liebe. dem paar scheint in den 1930er-jahren in mainz nichts im wege zu stehen. wegen der politischen verhältnisse ist ihre jugendfreundin margot bereits in die vereinigten staaten emigriert. die immer lauter werdenden nazis werden von gudruns jüdischer familie mehr oder weniger als vorübergehende erscheinung eingestuft. aber es kommt anders. gudrun gelingt es gerade noch deutschland zu verlassen, strandet mit vielen anderen flüchtlingen in shanghai, ihr vater bringt sich am tag vor seiner deportation um, ihre mutter wird in treblinka ermordet. nur dank ihrer stärke und ihrem wagemut überlebt gudrun die odyssee der emigration, muss viele kompromisse machen und prinzipien über bord werfen. nach ende des krieges beginnt sie in london ein weiteres mal ihr leben aufzubauen. später zurückgekehrt ins zerstörte mainz trifft sie auf frühere bekannte, die sich ihr gegenüber verhalten als wäre nichts gewesen. in einem prozess gegen einen früheren gestapo-mann, der sie damals verhaftet und sie sehr anständig behandelt hatte, sagt sie auf seine bitte hin als zeugin aus. und nach vielen jahren in denen nur brieflicher kontakt mit margot möglich war, gibt es ein emotionales wiedersehen.
in diesem überzeugenden und in sich stimmigen roman erhalten die vielen flüchtlingsschicksale, die sonst in der masse oft anonym bleiben, ein gesicht. am stärksten wird der roman gegen ende, als gudrun auf die früheren bekannten trifft. diese ganze geschichte steht stellvertretend für unzählige schicksale von verfolgten des nationalsozialismus und macht durch diese direktheit auf eine ganz besondere weise betroffen. es ist ein – beim gewicht des themas – erstaunlich leicht daherkommendes buch.

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