14.08.2019

joseph boyden: der lange weg

die zwei indianerjungen xavier und elijah sind freunde und leben mit ihrer tante niska in den wäldern in kanadas norden. sie fischen und jagen, ihr leben steht im einklang mit der natur. doch elijahs sehnsucht nach einem anderen leben lässt die beiden losziehen und in die armee eintreten. während des ersten weltkrieges werden sie mit ihrer einheit nach europa verlegt, in flandern erleben sie das grauen des krieges. ihre fähigkeit zu beobachten, sich geräuschlos zu bewegen und genau zu schiessen, macht sie bald zu spähern und scharfschützen. während elijah immer mehr dem rausch des tötens erliegt, sieht xavier immer auch den menschen, der ihm als feind gegenübersteht. die entfremdung zwischen den beiden beginnt ihren lauf zu nehmen.
die geschichte beginnt mit der alleinigen rückkehr des schwer verletzen und morphinabhängigen xavier. seine tante holt ihn am bahnhof ab und paddelt ihn drei tage den fluss hinauf zurück nach hause. auf dieser heimfahrt wird niska klar, dass xavier von diesen schrecklichen, quälenden bildern nicht mehr loskommt: dass dies sein ende sein wird. sie versucht sein leid zu lindern, in dem sie ihm die geschichte ihres volkes erzählt und damit bilder seiner unbeschwerten jugend entgegenstellt.
der einzigartige, fesselnde aber auch traurige roman berichtet in der retrospektive. in der gegenüberstellung der friedlichen welt der cree-indianer und dem krieg in flandern schildert der autor den starken kontrast zwischen zwei welten, in denen sich die beiden jungen behaupten müssen. zunächst als indianer in ihrer einheit mässig gelitten, wendet sich das blatt: ihre fähigkeiten, sichern ihnen im krieg nicht nur oft das ueberleben, sondern bringen ihnen auch ruhm und ehre ein.
diese geschichte schont einen beim lesen nicht. allein die berichterstattung aus den schlachten ist derart deutlich und erbarmungslos genau, dass sie definitiv nichts für schwache nerven ist. aber nicht nur der untergang von land und leuten, sondern auch die psychischen und sozialen zerstörungen, die der krieg hinterlässt, treten deutlich hervor. ein schauerliches und schweres stück literatur, das – aber gerade weil es einen nicht verschont – lesenswert ist.

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