10.11.2021

olga grjasnowa: der verlorene sohn

während des kaukasuskrieges im 19. jahrhundert muss der einflussreiche herrscher schamil seinen ältesten sohn jamalludin als pfand für die friedensverhandlungen dem zaren ausliefern. als neunjähriger kommt er also nach st. petersburg und wird in der feudalgesellschaft des alten russlands gross. seine herkunft und familie geraten für ihn immer mehr in vergessenheit. er findet freude am leben und den möglichkeiten in russland, was ihn aber seiner herkunft entfremdet. die karriere in der armee des zaren führt ihn letztlich wieder zurück in die alte, von russland beanspruchte heimat. seine familie hat sich verändert, er findet sich nur schlecht wieder ein und die frage, welches leben er führen will und wem seine loyalität gehört, belastet ihn immer mehr, aber er findet keine antwort.
diese lebensgeschichte eines jungen mannes ist gleichzeitig auch etwas geschichtsunterricht und lässt uns die heutigen konflikte im kaukasus besser verstehen. eindrücklich ist die schilderung, wie die menschen in den herrschaftsverhältnissen gefangen sind und wie sehr sich das gesellschaftliche leben russlands von dem von ihm beanspruchten gebieten in dagestan und tschetschenien unterscheidet. faszinierend ist auch die beschreibung der rolle der frau, die sich in diesen beiden so verschiedenen kulturen kaum unterscheidet. diese stimmige geschichte hat manchmal etwas unmittelbare brüche, bleibt aber bis zum schluss spannend und bereichernd.


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