26.12.2021

josef oberhollenzer: sültzrather

als vitus sülzrather, der einzige sohn des kalberhofbauern, bei der arbeit von einem gerüst stürzt und eine querschnittlähmung erleidet, ändert sich sein leben; auch das familiengefüge kommt durcheinander. vitus wird dichter, schreibt extrem viel. immer seltener lässt er jemanden in seine schreibkammer, die sich mehr und mehr mit papier füllt. sültzrather verschliesst sich zunehmend der umwelt, überlässt sich seinen erinnerungen und träumen. später beginnt er all seine werke wieder zu vernichten, indem er die schrift vom papier kratzt. selbst seine zugehfrau, notburga t., und ihre schöne tochter finden kaum noch zugang zu ihm: damit versiegen auch die neuigkeiten, die ins dorf getragen werden.
so real die handlung vordergründig daher kommt, so fiktiv ist sie. der roman hat das erscheinungsbild einer wissenschaftlichen arbeit mit über mehr als 200 fussnoten, die teils auf tatsachen beruhen, teils einfach frei erfunden sind. damit wird die art solcher publikationen auf eine verhaltene weise karikiert. der virtuose umgang mit der sprache macht das lesen – trotz der fülle von abenteuerlichen schachtelsätzen, die ihren ganz besonderen reiz haben – zu einem richtigen ereignis. es ist ein anspruchsvolles und ganz spezielles buch, dass einem nicht nur einiges abfordert, sondern einen auch belohnt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen