06.11.2022

regula portillo: andersland

als matilda noch keine sieben jahre alt ist, stirbt pascal, ihr alleinerziehender vater. für pascals bruder tobias und dessen partner michael ist es selbstverständlich, dass sie für das mädchen sorgen werden; die behörden entscheiden jedoch anders. lucia, die mutter, kommt aus mexiko in die schweiz um ihre tochter abzuholen. in der neuen heimat trifft matilda auf lucias familie, in der sie liebevoll aufgenommen wird. während ihrer jugend verliert sie auch ihre mutter, sie kann sich aber auf ihren stiefvater und ihre grosseltern verlassen. sie studiert psychologie, lernt als junge frau ihren mann kennen und wird selbst mutter. gleichzeitig beschäftigt sie die fehlende erinnerung an ihre ersten lebensjahre immer mehr. parallel dazu erfahren wir über tobias und michael, dass deren versuche kontakt aufzunehmen scheitern und all ihre briefe unbeantwortet bleiben. der seinerzeitige entscheid, einem männerpaar die sorge um das kind nicht zu erlauben, belastet tobias schwer. nach einer langen lebenskrise beginnt er, sich für die rechte gleichgeschlechtlicher paare einzusetzen. kurz vor dem ende wendet die geschichte sich zum guten, ein erster kontakt kommt zustande.
die klar strukturierte sprache mit eher kurzen sätzen hindert etwas den lesefluss. der gut und leicht verständliche text erinnert irgendwie an ein jugendbuch. trotz der zahlreich auftretenden personen und der teilweise abrupten szenenwechsel, verliert man den ueberblick nicht, auch wenn wiederholt gewisse sequenzen etwas isoliert dastehen, die keinen wirklichen bezug zum handlungsverlauf haben. die figuren bleiben etwas blass und nicht so greifbar: alle sind irgendwie schön, sympathisch, wohlhabend und leben in geordneten verhältnissen. der roman versucht vielen themen gerecht zu werden, was ihn überladen daherkommen lässt. viele realistische ereignisse und handlungen wechseln ab mit psychologisierenden abschnitten, was etwas konstruiert wirkt. das buch bietet aber einen beitrag zur diskussion über erziehung und kinderbetreuung ausserhalb traditioneller familienstrukturen.

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