17.03.2022

erich hackl: am seil

reinhold duschka versteckt während des 2. weltkrieges regina, die jüdische frau seines besten freundes, und deren tochter lucia vor den nazis. die beiden frauen haben niemanden mehr, auf den sie sich sonst verlassen könnten. in der werkstatt reinholds finden sie unterkunft und selbst nach der zerstörung dieses verstecks durch einen bombeneinschlag findet reinhold eine neue lösung. dank seiner beherztheit und dem uneingeschränkten gegenseitigen vertrauen entgehen die frauen der deportation: sie überleben die herrschaft der nationalsozialisten. nach dem ende des krieges bleiben die drei miteinander in kontakt. lange später will lucia mit dieser erzählung ihrem retter ein denkmal setzen. nur widerwillig lässt er sich erst im alter von über 90 jahren als «gerechter unter den völkern» in der gedenkstätte yad vashem in israel ehren. er bleibt ein bescheidener, wortkarger mann bis zum lebensende.
in einer schlichten, klaren sprache und ohne sensationslust ist diese erzählung, die eine wahre begebenheit darstellt, sehr authentisch und eindringlich. sie vermittelt das bild eines ausserordentlichen menschen, der einfach das getan hat, wovon er überzeugt war. der text nimmt einen beim lesen richtig gefangen und lässt einen am wirken dieses mannes teilhaben. ganz schön ist, dass die geschichte nicht bei der befreiung aufhört, sondern auch darüber berichtet, was danach war.

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