eigentlich ist wilhelm tell ein
wortkarger bergler, der selbst von seinen mitbürgern kaum verstanden
wird. von diesem mann und seinem leben wird hier berichtet. etwa
zwanzig menschen, die mit ihm zu tun haben, kommen in knapp hundert
kurzen kapiteln zu wort, beschreiben begegnungen, ereignisse und
tatsachen, die mit tell, seiner familie und seinem handeln zu tun
haben. so entsteht ein bild das fern von dem ist, wie der
nationalheld uns bisher begegnet ist. ohne ihn zu demontieren wird
hier ein ganz anderer tell gezeichnet. auch gessler, den wir als
seinen feind und widersacher kennen, erscheint als mensch mit familie
und gefühlen, wie auch die weiteren protagonistinnen und
protagonisten ein eigenes, markantes profil erhalten.
nein, so hat man die geschichte des
nationalhelden noch nie gelesen, so ist die legendäre
apfelschussszene noch nie beschrieben worden. ein faszinierender
blick auf eine gestalt und auf die lebensumstände zu jener zeit
bettet diese legende in eine mögliche geschichte. mutig und
phantasievoll nimmt sich der autor seinem hauptdarsteller an. oft,
wie zufällig erwähnt, erfährt man über das harte,
entbehrungsreiche damalige leben. packende und überraschende szenen
gehen immer wieder ineinander über und machen aus diesem buch nicht
zuletzt auch ein sozialkritisches werk mit einem schönen, etwas
mystischen schluss. spannend von der ersten bis zur letzten seite:
man taucht in jene welt ein und kann kaum aufhören zu lesen.
20.03.2022
joachim b. schmidt: tell
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