20.03.2022

joachim b. schmidt: tell

eigentlich ist wilhelm tell ein wortkarger bergler, der selbst von seinen mitbürgern kaum verstanden wird. von diesem mann und seinem leben wird hier berichtet. etwa zwanzig menschen, die mit ihm zu tun haben, kommen in knapp hundert kurzen kapiteln zu wort, beschreiben begegnungen, ereignisse und tatsachen, die mit tell, seiner familie und seinem handeln zu tun haben. so entsteht ein bild das fern von dem ist, wie der nationalheld uns bisher begegnet ist. ohne ihn zu demontieren wird hier ein ganz anderer tell gezeichnet. auch gessler, den wir als seinen feind und widersacher kennen, erscheint als mensch mit familie und gefühlen, wie auch die weiteren protagonistinnen und protagonisten ein eigenes, markantes profil erhalten.
nein, so hat man die geschichte des nationalhelden noch nie gelesen, so ist die legendäre apfelschussszene noch nie beschrieben worden. ein faszinierender blick auf eine gestalt und auf die lebensumstände zu jener zeit bettet diese legende in eine mögliche geschichte. mutig und phantasievoll nimmt sich der autor seinem hauptdarsteller an. oft, wie zufällig erwähnt, erfährt man über das harte, entbehrungsreiche damalige leben. packende und überraschende szenen gehen immer wieder ineinander über und machen aus diesem buch nicht zuletzt auch ein sozialkritisches werk mit einem schönen, etwas mystischen schluss. spannend von der ersten bis zur letzten seite: man taucht in jene welt ein und kann kaum aufhören zu lesen.

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