09.03.2024

tijan sila: radio sarajevo

als die ersten bomben fallen, ist tijan 11 jahre alt. von einem tag zum andern verändert sich sein leben. bisher lebt er mit seinen eltern in einem plattenbau, geht zur schule und hat freunde, mit denen er die freizeit verbringt. bald fallen strom und heizung aus, bald wird das essen knapp, es wird bitterkalt und sich im freien aufzuhalten wird wegen der heckenschützen immer gefährlicher. auch die schule schliesst. die erste freude der jugendlichen darüber legt sich schnell, denn die engen wohnverhältnisse machen den dauernden aufenthalt zuhause auch nicht einfacher. die freunde treffen sich trotz verboten auf der strasse, beginnen in den trümmern nach brauchbarem zu suchen, um im tauschhandel mit soldaten zu zigaretten, schokolade und batterien zu kommen. die lage wird immer gefährlicher: banden von jugendlichen bekämpfen einander, die solidarität unter den hausbewohnern hat längst nachgelassen und ein ende der belagerung ist nicht in sicht. tijans eltern entscheiden sich zur flucht und schaffen es nach deutschland. viele jahre später kehrt er zum ersten mal zurück nach sarajevo und trifft dort auch wieder auf seine alten freunde.
eindrücklicher und aufwühlender könnte ein autobiografischer bericht nicht sein. mit der nötigen distanz auf das erlebte schreibt der autor sehr persönlich über das damalige leben einen text, der einen vom ersten bis zum letzten wort in bann zieht. dramatisch und nur wenig gefiltert wird man beim lesen mit einer realität konfrontiert, der man damals in westeuropa kaum bewusst sein wollte. schon alleine, wie er mit wenigen worten die umstände des jugoslawienkrieges erklärt, ist eine meisterleistung an einfachheit und klarheit. ebenso eindrücklich ist die botschaft, was solch kriegerische verhältnisse mit kindern und jugendlichen machen. hier liegt ein buch vor, an dem man emotional nicht vorbeikommt und das mich streckenweise zu tränen gerührt hat.

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