02.03.2021

nino haratischwili: die katze und der general

nura, die tochter einer tschetschenischen familie träumt von einem anderen, modernen leben, fern der traditionen ihrer gesellschaft. während des krieges in ihrer heimat lässt sie sich auf kleine illegale geschäfte mit soldaten einer kleinen russischen einheit ein, um sich diesen traum zu finanzieren. aber sie gerät unter einen verdacht, der sie letztlich das leben kostet. alexander orlow, der als junger mann andere pläne hat, muss seine grosse liebe zurücklassen und wird in diesem krieg teil eben dieser russischen einheit und damit mittäter und mitschuldiger eines kriegsverbrechens. zehn jahre später ist er zu einem der reichsten oligarchen russlands aufgestiegen, aber die damaligen ereignisse um den tod nuras lassen ihn nicht los. er findet keine ruhe und entwickelt einen plan, um mit den früheren mitstreitern abzurechnen. die junge georgische schauspielerin, die er für seinen plan gewinnen will, weil sie nura so ähnlich sieht, beginnt aber, sich in dem vorhaben zu verselbständigen.
die stärke dieses werkes sind nicht nur der faszinierende wechsel zwischen dem thrillerverdächtigen handlungsverlauf und der akribischen beschreibung und analyse des postsowjetischen lebens, sondern auch die politischen aussagen und die treffenden milieubeschreibungen. mit einer atemberaubenden sicherheit beschreibt die autorin die mechanismen von abhängigkeit und gewalt, von macht und erpressung, die sich in dieser zeit des wertewandels und der quasi-abwesenheit des staates breit machen. dabei widmet sie sich intensiv den gefühlen und moralischen vorstellungen der einzelnen protagonisten. sprachlich brillant pendelt der text zwischen grauenvollen ereignissen, humorvoll-sarkastischen szenen und schönen bildern. dies alles ergibt eine einzigartige geschichte um schuld und sühne, die einen unweigerlich gefangen nimmt. die anfängliche schwierigkeit, sich im roman zu orientieren und den zeitsprüngen zu folgen, verliert sich schnell, denn die sich aufbauende spannung reisst nicht mehr ab und findet erst in den letzten zeilen ein völlig unerwartetes ende. ich musste lesen, bis mich die augen schmerzten.


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